In der Archäologie ist nicht allein das Alter organischer Überreste von Interesse. Auch die Biografie des Menschen wird durch archäometrische Methoden beleuchtet: Mithilfe der Sauerstoff-Strontium-Analyse von Zähnen kann man beispielsweise herausfinden, in welcher Gegend ein Mensch aufgewachsen ist.
Das ist möglich, weil in Gesteinen verschiedene Isotope des Spurenelements Strontium vorkommen, und das Verhältnis dieser Isotopen von Region zu Region variiert. Aus dem Boden und dem Grundwasser nehmen Pflanzen diese Isotope auf, diese Pflanzen dienen wiederum als Nahrung für den Menschen. Im Organismus lagert sich das Strontium in Knochen und Zähnen ab. Da der Zahnschmelz bis zum vierten Lebensjahr fertig ausgebildet ist, gibt das Strontium darin Auskunft über die Region, in der der Besitzer des Zahns seine frühe Kindheit verbracht hat.
Germanen im Römerlager
Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler unter den Überresten von insgesamt 24 Individuen, die in einem aufgegebenen Töpferofen vor dem Römerlager von Haltern an der Lippe verscharrt worden waren, sechs Männer als Germanen identifizieren. Vier stammten sicher, zwei weitere mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Region. Vier weitere Männer waren dagegen weit weg im Schwarzwald oder in Böhmen aufgewachsen.
„Diese Ergebnisse werfen neues Licht auf Ereignisse im Umfeld der Varus-Niederlage im Jahre 9 nach Christus“, stellt Hans-Markus von Kaenel, Professor für Archäologe und Geschichte der römischen Provinzen, fest. „Offenbar waren nicht nur Germanen aus dem Lippe-Raum, sondern auch Kontingente, die zum Teil von weit herkamen, an einem gescheiterten Überfall auf das Römerlager Haltern beteiligt.“
Anke Sauter / Forschung Frankfurt
Stand: 08.05.2015