Für die Zuckerproduktion brauchen die Pflanzen lediglich zwei Zutaten: Wasser und Kohlenstoffdioxid. Das CO2 bekommen sie aus der Luft. Es wird durch kleine Spaltöffnungen auf den Blattunterseiten ins Pflanzeninnere gelassen. Diese Spalte kann die Pflanze nach Bedarf öffnen oder schließen wie kleine Münder, weshalb sie treffend als Stomata bezeichnet werden, was das griechische Wort für Mund ist.
Das Wasser saugen die meisten Pflanzen über ihre Wurzeln aus dem Boden. Um auch die obersten Blätter im höchsten Baum zu versorgen, nutzen sie Kapillarkräfte: In ihren extrem dünnen Leitungen zieht sich das Wasser wie von selbst nach oben. Noch wichtiger ist aber der Transpirationseffekt: Durch Verdunstung an den Blättern wird stetig neues Wasser nachgezogen. Insgesamt gibt die Pflanze über 90 Prozent des aufgenommenen Wassers ungenutzt wieder an die Umwelt ab.
Die Fabrik im Inneren
Wenn die Pflanze alle Zutaten beisammen hat, muss sie die Atome aus den Wasser- und CO2-Molekülen „nur“ noch zu Zuckermolekülen neu zusammensetzen. Weil die Rohstoffe aber nicht einfach so in ihre Atome zerfallen, braucht die Pflanze dafür Energie – und damit hochspezialisierte Werkzeuge, mit denen sie Lichtenergie einfangen und die Moleküle an den richtigen Stellen zerschneiden kann. Diese Werkzeuge finden sich in den Chloroplasten, jenen „Nachfahren“ der Cyanobakterien.
Die Chloroplasten arbeiten wie kleine Fabriken. Tatsächlich sind sie als separate Kompartimente in der Pflanzenzelle durch eine Membran vom restlichen Innenraum der Zelle abgetrennt. Im Inneren jedes Chloroplasten sind wiederum einzelne, membranumschlossene „Räume“ gestapelt, die sogenannten Thylakoide. Deren Membran ist gespickt von den hochspezialisierten Werkzeugen für die Fotosynthese: den grünen Chlorophyll-Pigmenten und zahlreichen Transmembran-Proteinen, mit denen wie am Fließband die Zuckerproduktion am Laufen gehalten wird.
Erntemaschine für Licht
Der Farbstoff Chlorophyll, der in der Thylakoid-Membran angereichert ist, ist Teil von großen Molekülkomplexen, die als Photosystem II und Photosystem I bezeichnet werden. Dort kommt er in den zwei Sorten Chlorophyll a und b vor. Der Farbstoff fängt das Licht ein und versorgt die Pflanze so mit der nötigen Energie für die Fotosynthese.
Aus dem Spektrum des sichtbaren Lichts absorbiert Chlorophyll nur die langwelligen, roten und die kurzwelligen, blauen Anteile. Im mittleren Bereich des Spektrums nimmt der Farbstoff hingegen fast gar kein Licht auf, sondern reflektiert die einfallende Strahlung. Da dort auch die Wellenlänge von grünem Licht liegt, wird dieser Bereich als „Grünlücke“ des Chlorophylls bezeichnet. Für uns entsteht so insgesamt der grüne Farbeindruck der Blätter.
Farbenfrohe Helfer
Um die Lichtausbeute zu erhöhen, nutzt die Pflanze weitere bunte Hilfsstoffe, die im Bereich der „Grünlücke“ des Chlorophylls Strahlung absorbieren. Ein bekannter Vertreter ist das beta-Carotin. Es nimmt Strahlung um 490 Nanometer Wellenlänge auf, also aus dem kurzwelligen Teil der Grünlücke. Das Carotin ist auch für die Färbung des Herbstlaubes mitverantwortlich: Wenn das grüne Chlorophyll abgebaut wird, kommt der orangene Farbeindruck des Hilfspigments zum Vorschein.
Die vom Carotin und von anderen „Antennenpigmenten“ absorbierte Strahlung wird als etwas langwelligeres Licht wieder abgegeben und sozusagen an das Chlorophyll weitergereicht. Dieses kann die umgewandelte Strahlung dann selbst absorbieren. Mit diesem Lichtsammelkomplex aus Chlorophyll und weiteren Pigmenten erntet die Pflanze genügend Sonnenstrahlen, um die aufwändige Zuckerproduktion in Gang zu halten.
Christian Lüttmann
Stand: 28.04.2017