Anwendungen von Big Data in der Justiz, bei der Polizei oder im Verkehr stellen uns als Gesellschaft im Kern vor die Frage, zwischen Sicherheit und Vorhersehbarkeit einerseits und Freiheit und Risiko andererseits zu wählen. Diese Fälle sind aber auch das Ergebnis eines Missbrauchs von Big-Data-Korrelationen für kausale Zwecke – die Zuteilung von individueller Verantwortung.
Genau diese dafür notwendige Antwort auf das „Warum“ kann die Analyse des „Was“ aber nicht geben. Das trotzdem zu unternehmen, heißt nichts weniger, als sich der Diktatur der Daten auszuliefern und der Big-Data-Analyse mehr an Einsicht zuzuschreiben als ihr tatsächlich innewohnt.
Ohne Regeln geht es nicht
Die permanente Vergangenheit und die vorhergesagte Zukunft sind – auf die einzelnen Menschen bezogen – die beiden großen Schattenseiten von Big Data. Hinzu kommen noch weitere, gesamtgesellschaftliche Problemfelder, die sich etwa aus der zunehmenden Konzentration der Datenbestände auf wenige Unternehmen und Organisationen und die damit verbundene Verschiebung informationeller Macht ergeben.
Daraus folgt die Notwendigkeit, den Einsatz von Big Data rechtlich verbindlichen Regeln und Schranken zu unterwerfen, gerade um die potenziellen individuellen und gesamtgesellschaftlichen negativen Folgen zu vermeiden. Das bedarf möglicherweise neuer Grundrechte, neuer Verantwortlichkeiten für jene, die Big Data einsetzen, aber auch neuer Institutionen, die die Regulierung und Kontrolle von Big Data übernehmen.
Dazu fehlt freilich bis jetzt in der Politik noch das dafür notwendige Problemverständnis – und in der Öffentlichkeit eine breite Diskussion über Nutzen, Schattenseiten und mögliche Grenzen dieser mächtigen neuen Sicht auf die Wirklichkeit.
Viktor Mayer-Schönberger für bpb.de, CC-by-nc-nd 3.0
Stand: 22.06.2018