Benjamin Franklin war weit mehr als nur Erfinder und Wissenschaftler – er hat auch die Geschichte der USA geprägt wie kaum ein anderer. Als einer der Gründerväter der USA spielte Franklin bei den Unabhängigkeitsbestrebungen der englischen Kolonien und später bei der Formulierung der amerikanischen Verfassung eine entscheidende Rolle.
Einsatz in London
Franklins Karriere als Politiker und Diplomat beginnt mit seinem Interesse und Engagement für die Geschicke seiner Heimatstadt Philadelphia: Er engagiert sich im Stadtrat, wird Postmeister, Friedensrichter und schließlich Vertreter von Philadelphia in der Ratsversammlung von Pennsylvania. Aus der Mitgliedschaft in dieser Assembly entwickelt sich Franklins erster Einsatz als Diplomat: Er wird 1754 als offizieller Repräsentant von Pennsylvania nach London entsandt.
Zunächst ist Franklin dabei durchaus ein loyaler Untertan der britischen Krone und setzt sich für ein gutes Klima zwischen England und den Kolonien ein. Im Laufe seiner fast 20 Jahre in London übernimmt er auch die Vertretung der Interessen für drei weitere Kolonien in Nordamerika. Doch im Laufe der Zeit wächst seine Unzufriedenheit über den in seinen Augen tyrannischen Umgang der Krone mit den Kolonien.
Die Unabhängigkeitserklärung
1772 kommt es dann zum Eklat: Franklin werden Briefe zugespielt, in denen der britische Gouverneur von Massachusetts die Krone bittet, Soldaten nach Boston zu schicken. Sie sollen die Aufstände der mit der kolonialen Regierung unzufriedenen Bürger niederschlagen. Franklin sieht hierin eine Verletzung der Bürgerrechte seiner Landsleute und sorgt dafür, dass diese Briefe öffentlich werden. Für ihn ist dies der Anstoß, sich endgültig von Großbritannien abzuwenden und stattdessen die Unabhängigkeitsbestrebungen der amerikanischen Kolonien zu unterstützen.
Zurück in Philadelphia wird Franklin im Jahr 1776 Mitglied des fünfköpfigen Komitees, das die Unabhängigkeitserklärung für die Kolonien formulieren soll. Seine Aufgabe ist es, den von Thomas Jefferson niedergeschriebenen ersten Entwurf zu überarbeiten. Aus Franklins Feder stammt die Eingangsformulierung des berühmten zweiten Satzes: „We hold these truths to be self evident, that all men are created equal….“ Am 4. Juli 1776 wird die Unabhängigkeitserklärung vom Kongress angenommen und im August unterzeichnet Benjamin Franklin das Dokument gemeinsam mit 55 weiteren Repräsentanten der 13 amerikanischen Kolonien.
Der Vertrag von Paris
Schon kurz darauf folgt Franklins zweiter Einsatz als Diplomat: Er reist nach Paris, um dort eine Allianz zwischen den nun unabhängigen Kolonien und Frankreich auszuhandeln. Dabei kommt ihm sein bereits bis nach Europa gedrungener Ruf als Erfinder und Genie zugute. „Mein Bild ist überall, auf den Deckeln von Schnupftabaksdosen, auf Ringen und Büsten“, schreibt Franklin an seine Tochter. „Mein Portrait ist ein Bestseller – es gibt überall Drucke, Kopien von Drucken und Kopien der Kopien. Das Gesicht Deines Vaters ist nun so bekannt wie das des Mannes im Mond.“
Durch sein Geschick als Diplomat kann Franklin gemeinsam mit seinen in London tätigen Kollegen John Jay und John Adams entscheidend dazu beitragen, dass 1782 ein trilateraler Vertrag mit Frankreich und Großbritannien zustande kommt. Der Vertrag von Paris beendet den Krieg zwischen den beiden europäischen Staaten und erkennt die amerikanischen Kolonien als unabhängige Nation an. Damit ist der Weg zur Gründung der USA frei.
Die Verfassung
Wie aber soll die neue Nation aussehen? Bisher bilden die 13 Kolonien nur einen losen Bund von Einzelstaaten. Im Jahr 1787 wird daher ein Verfassungskonvent einberufen, in dem die Delegierten der 13 Bundesstaaten die künftige rechtliche und politische Struktur des Landes klären sollen. Auch der inzwischen 81-jährige Benjamin Franklin nimmt teil. Er vertritt unter anderem die Ansicht, dass statt eines Präsidenten ein mehrköpfiger Regierungsrat das Land führen soll – kann sich damit aber nicht durchsetzen.
Doch in einer entscheidenden Situation kann Franklin erneut sein diplomatisches Geschick ausspielen: Als die Delegierten keine Einigung darüber finden, wie viele Repräsentanten die Bundessstaaten in die beiden Kammern des Parlaments entsenden dürfen, entwickelt Franklin gemeinsam mit George Washington die bis heute gültige Kompromisslösung: Im Senat ist jeder Staat mit zwei Abgeordneten vertreten, im Kongress dagegen richtet sich die Zahl der Vertreter nach der Einwohnerzahl der Bundesstaaten.
Benjamin Franklin ist der einzige Politiker, der gleich drei grundlegende Dokumente zur Gründung der Vereinigten Staaten unterzeichnet hat: die Unabhängigkeitserklärung, den Vertrag von Paris und die Verfassung. Sein Wirken hat die Geschicke und das Gesicht der USA nachhaltig geprägt.
Gegen die Sklaverei
In einem Punkt allerdings bleibt Franklin erfolglos: in seinem Einsatz gegen die Sklaverei. Nachdem er selbst früher zwei Sklaven besessen hat, setzt er sich nach seiner Rückkehr aus England für die Befreiung der Sklaven und das Verbot des Sklavenhandels ein. Die Umsetzung dieses Ziels allerdings erlebt Franklin nicht mehr. Er stirbt 1790 – lange vor dem amerikanischen Bürgerkrieg und der Abschaffung der Sklaverei in den USA.