Ereignisse wie die Anschläge auf das World Trade Center werden als dread risks bezeichnet. Damit sind Ereignisse gemeint, deren Eintreten sehr unwahrscheinlich und selten ist, die aber verheerende Schäden für viele Menschen bedeuten. Auf solche Risiken reagieren Menschen häufig mit Vermeidungsverhalten – und ganz anders als auf Risiken, bei denen viele Menschen über einen längeren Zeitraum verteilt sozusagen unspektakulär umkommen: So sterben jedes Jahr Zehntausende Menschen in Krankhäusern an den Folgen vermeidbarer medizinischer Fehler. Dennoch würden die Patienten wohl nicht die Krankenhäuser meiden, selbst wenn sie diese Zahlen kennen würden.
Das durch schreckliche Ereignisse ausgelöste Vermeidungsverhalten könnte zum einen tief liegende evolutionäre Ursachen haben. Denn zu Urzeiten lebten Menschen in kleinen Gruppen: Das machte Bedrohungen, die eine ganze Gruppe auf einmal betrafen, viel gefährlicher als die stetige Bedrohung Einzelner, selbst wenn durch die Bedrohung Einzelner insgesamt ebenso viele Menschen umkamen. Neben dieser evolutionären Erklärung lässt sich das Vermeidungsverhalten vermutlich teilweise auch schlicht durch einen Mangel an Information und eine häufige Fehleinschätzung von Risiken erklären.
Soll ein Mensch schätzen, wie viele Kilometer er mit dem Auto fahren müsste, um dasselbe Unfallrisiko zu haben wie bei einem Nonstop-Flug von Boston nach Los Angeles, gibt er meist an, dass er Zehn- oder gar Hunderttausende von Kilometern zurücklegen müsste. In Wirklichkeit ist ein solcher Nonstop-Flug jedoch nur so gefährlich wie eine Autofahrt von 20 Kilometern. Wer also mit dem Auto lebend am Flughafen ankommt, hat die größte Gefahr bereits überstanden. Häufig wird als Antwort auf diese Rechnung jedoch entgegnet, dass ein Fluggast dem Piloten hilflos ausgeliefert sei, wohingegen viele Menschen davon überzeugt sind, das Autofahren unterliege ganz ihrer Kontrolle. Aber erstaunlicherweise fühlen sie sich häufig auch als Beifahrer sicherer als in einem Flugzeug.
Stand: 14.09.2007