Das bislang weltgrößte Teleskop-Duo befindet sich auf den Gipfeln des schlafenden Vulkans Mauna Kea auf Hawaii. Dort gingen 1993 beziehungsweise 1996 die Instrumente Keck I und II in Betrieb, benannt nach der amerikanischen W.-M.-Keck-Stiftung, denn aus ihr stammten die Gelder zur Errichtung dieser Sternwarte.
Die Keck-Zwillinge, die im sichtbaren und infraroten Licht arbeiten, wiegen zwar beide zusammen genommen nur gerade 70 Tonnen mehr als der große Reflektor vom Mount Palomar, dennoch sind ihre Spiegel doppelt so groß. Moderne Leichtbauweise macht’s möglich!
Die beiden zehn-Meter-Spiegel an sich sind schon eine Sensation. Jeder von ihnen besteht aus 36 einzelnen, sechseckigen Elementen, die in einem speziellen Polierverfahren in die erforderliche asymmetrische Form gebracht wurden. Die Oberfläche der Optik ist extrem genau geschliffen. Wäre sie so groß wie unser ganzer Planet, dann würden trotzdem alle Unebenheiten unter einem Meter Größe liegen! Wenn die riesigen Instrumente im Verlauf einer nächtlichen Beobachtung langsam ihre Position verändern, kommt es zu Deformationen in der Teleskopstruktur. Niemand würde das natürlich mit bloßem Auge bemerken, sie sind viel zu winzig. Doch ihre Auswirkungen auf die Bildqualität wären katastrophal und würden jede wissenschaftliche Beobachtung zunichte machen. Aktive computergesteuerte Kontrollsysteme greifen hier korrektiv ein. So genannte Aktuatoren trimmen die einzelnen optischen Elemente so zurecht, dass die optische Leistung keinen Verlust erleidet.
Teleskope, die sich ständig selbst verändern, um »in Form« zu bleiben, nennt man aktive Optiken. Die Spiegel-Elemente von Keck I und II sind ultrastabil gelagert. Jedes kann mit einer Genauigkeit von vier Nanometern relativ zu seinen Nachbar-Elementen ausgerichtet werden. Mit anderen Worten: Der Koloss von Fernrohr ist sensibel genug, die Optik um ein Tausendstel der Dicke eines menschlichen Haares zu justieren. Alle zwei Sekunden reagiert das gesamte aktive System auf die sich ändernden Einflüssen der Schwerkraft und vollführt dieses hauchzarte Kunststück.
Astrophysiker, denen die Ehre zuteil wird, in den heiligen Hallen des Keck-Observatoriums zu arbeiten, spüren hier so manchem hartnäckigen Rätsel nach. Beispielsweise versuchen sie herauszufinden, wie sich das Universum seit seinen ersten Minuten, Stunden und Tagen entwickelt hat, wann und wie die ersten Galaxien geboren wurden, wie sich die kosmische Expansion in verschiedenen Epochen verändert hat, wie Sonnensysteme entstehen und welche Sterne von Planeten umgeben sind. Die Liste ließe sich beinahe ins Unendliche fortsetzen. Und auch die Liste der mit Hilfe von Keck bereits gelungenen Projekte und Entdeckungen ist lang. Hier entstehen Karten von Galaxienhaufen bis zum Rand des Universums, hier finden Beobachtungen von Gravitationslinsen zur Bestimmung der kosmischen Expansionsrate statt, hier gehen Astronomen den Gammastrahlen-Burstern nach oder finden neue Planeten.
Stand: 21.01.2002