Die Augen tränen, die Schleimhäute schwellen an oder die Haut beginnt zu jucken – die Symptome eines akuten Allergieanfalls. Doch was genau löst diese Symptome aus und warum können Substanzen, die für die Mehrheit der Menschen völlig harmlos sind, so dramatische Folgen für Allergiker haben?
Verantwortlich sind spezielle Eiweißstoffe unseres Immunsystems, die Immunglobuline des Typs E. Sie gehören zur großen „Armee“ der Antikörper, den Molekülen, die uns vor krankmachenden Organismen von außen schützen sollen. Die Immunglobuline E machen bei einem gesunden Menschen zwar nur einen zehntausendsten Teil aller Antikörper aus, sind aber dennoch wichtiger Bestandteil der Immunabwehr. Neuere Untersuchungen zeigen, daß sie wahrscheinlich die Funktion haben, den Körper vor dem Befall von Wurmparasiten zu schützen.
Für Allergiker ist diese sonst so unauffällige und nützliche „Wurmschutzeinheit“ allerdings kein reiner Segen. 1966 entdeckten die Forscher Kimishige und Teruko Ishizaka, daß die IgE-Antikörper für die Mehrzahl der allergischen Sofortreaktionen verantwortlich sind. Die Zahl dieser Immunglobuline E ist bei Allergikern auch außerhalb eines akuten Allergieanfalls bis zu zehnmal höher als bei Menschen, die nicht unter Allergien leiden. Bei Kontakt mit einem Allergen steigt die Menge des IgEs geradezu explosionsartig an.
Durch Einatmen zum Beispiel von aufgewirbeltem Kot von Hausstaubmilben oder Pollen dringen die Allergene zu den Schleimhäuten von Nase und Lunge vor. Die dort stationierten Mastzellen sind an ihrer Oberfläche mit IgE- Molekülen geradezu gespickt.100.000 bis 500.000 Antikörper können sich auf einer solchen Zelle drängen. Kommt ein Allergen mit diesen Rezeptoren in Berührung, docken die spezialisierten Antikörper an.
Schon ein einziges Allergenmolekül reicht aus, um bei diesem Andocken den winzigen Abstand zwischen zwei Antikörpern zu überbrücken und dadurch eine vorprogrammierte „Explosion“ der Mastzelle auszulösen. Die aufplatzende Zelle entläßt dabei eine geballte Ladung an biologischen Botenstoffen in das Gewebe und die Folgen zeigen sich zum Teil sofort. Einige dieser sogenannten Mediatoren, zu denen auch das Histamin gehört, erweitern die Blutkapillaren und lassen die Schleimhäute anschwellen – ein Heuschnupfen-Anfall ist die Folge. Andere wirken auf die glatte Muskulatur in der Lunge und bringen sie zur Kontraktion. Die Bronchien verengen sich, die Luft wird knapp- ein Asthmaanfall beginnt.
Einige Mediatoren und ihre Wirkungen
Histamin: Erweiterung der Gefäße, Erhöhung der Gefäßdurchlässigkeit,Verengung der Bronchien
Heparin: Störung der Blutgerinnung, Hemmung des Komplementsystems
Prostaglandine: Förderung der Entzündung, Erweiterung der Gefäße, Erhöhung der Gefäßdurchlässigkeit, Steigerung der Schleimsekretion
Leukotriene: Steigerung der Schleimsekretion, Kontraktion glatter Muskulatur
Plättchenaktivierender Faktor: Anlocken von Granulocyten, Verengung der Gefäße
Viele Mittel gegen die Symptome eines akuten Allergieanfalls beruhen auf der genauen Kenntnis dieser Mechanismen. Sie blockieren gezielt die Rezeptoren für bestimmte Mediatoren oder setzen direkt an den Mastzellen an.
Stand: 26.03.2002