Es war die größte Ansammlung von Menschen in der Geschichte, die sich je zu einem Zweck versammelt hatte – etwa 30 Millionen nahmen am 24. Januar 2001 nahe der Stadt Allahabad ihr erlösendes Bad im heiligen Fluss Ganges. Das indische Pilgerfest Kumbh Mela, das alle zwölf Jahre stattfindet, ist die größte spirituelle Zeremonie der Welt und zugleich eine organisatorische Herausforderung.
Das Bad im Sangam zieht die Hindus zu Millionen an. Sangam – so wird im Hinduismus die Mündung eines Flusses in einen anderen genannt. Und hier, wenige Kilometer von der unscheinbaren Stadt Allahabad entfernt, stößt der Jamuna auf den Ganges. In der mythologischen Vorstellung kommt noch ein dritter Fluss hinzu, der nicht sichtbare Sarasvati, der die jenseitige mit der dieseitigen Welt verbindet. Doch nur alle zwölf Jahre entfaltet der Sangam seine Kraft. Laut der Überlieferung gab es bei der Erschaffung des Universums Streit zwischen Göttern und Dämonen um den „Kumbh“, den Nektartopf. Dabei fielen vier Tropfen des schöpferischen Tranks auf die Erde. Dort befinden sich heute heilige Hindu-Stätten, unter ihnen Allahabad. Der Streit dauerte zwölf Götter-Tage, was zwölf Menschenjahren entspricht, eben jener Zeitraum, der heute zwischen den Pilgerfesten liegt.
Im Januar 2001 zeigten Jupiter, Mond und Sonne sogar eine Konstellation zueinander, wie sie nur alle 144 Jahre entsteht. Für viele gläubige Hindus war dies eine einmalige Möglichkeit, ihre Seele zu reinigen und von Sünden zu befreien und so der Erlösung aus dem ewigen Zyklus der Wiedergeburt ein Stück näher zu kommen. Angeführt von Mönchen, Priestern und Sadhus zogen die Massen in einer Prozession zum Ganges und wurden dort schubweise an das Ufer des Flusses gelassen, um fünfmal in das heilige Wasser einzutauchen.
Laut Schätzungen kamen 100 Millionen Menschen im Laufe des 40 Tage dauernden Festes zum Ganges. Der 24. Januar, wegen des Neumondes zum Haupttag erkoren, ging mit 30 Millionen Badenden in die Geschichte ein.
Eine solche unglaubliche Ansammlung von Menschen bedeutet auch einen enormen organisatorischen Aufwand. Schon eineinhalb Jahre vorher begannen die Vorbereitungen für das erste Kumbh Mela des neuen Jahrtausends. Auf einer zehn Hektar großen Fläche wurde eine komplette Zeltstadt errichtet. 340 Kilometer Wasser- und 450 Kilometer Stromleitungen wurden verlegt, 90 Kilometer Straße und 15 Brücken über den Ganges errichtet, die den reibungslosen Marsch der Massen garantieren sollten. Über 200.000 Toiletten, 17.000 Straßenlaternen, 28 Polizei- und 24 Feuerwehrstattionen sind weitere Beweise für die Dimensionen dieses Festes. Zeitweise sorgten 10.000 Polizisten für die Sicherheit vor Ort. Auf jeden Fall sollten Unglücke wie 1954 und 1986 vermieden werden. Damals waren Hunderte Menschen im Gedränge und Geschiebe umgekommen. Die Kumbh Mela 2001 ging schließlich unfallfrei und mit Millionen gereinigter Seelen zu Ende.
Stand: 30.06.2001