Geologie/physische Geographie

Ein Berg unter Beobachtung

Das Projekt PermaSense

Im Hitzesommer 2003 ereignete sich am Matterhorn ein Felssturz, der Öffentlichkeit wie Forschung aufschreckte: Am Hörnligrat brachen 1.500 Kubikmeter Fels ab. Im steilen Fels klaffte eine Lücke, die mit Eis bedeckt war. Rasch wurde Fachleuten klar: Die Rekordhitze hatte den Fels bis in große Tiefen erwärmt und das Eis, das in Poren und Rissen enthalten war, geschmolzen. Dadurch fehlte der Kitt, welche die Felsmassen zusammenhielt.

Matterhorn
Blick auf den Hörnligrat am Matterhorn – hier löste sich im Sommer 2003 der Felssturz. © Whgler /CC-by-sa 3.0

Ein Netzwerk von Sensoren

Dieser Felssturz war Auftakt für das Projekt PermaSense, ein interdisziplinär ausgerichtetes Forschungsvorhaben von Geo- und Ingenieurwissenschaftlern der ETH Zürich und weiterer Institutionen. Das Projekt startete 2006 mit dem Ziel, Messungen und Beobachtungen zu ermöglichen, die bis zum damaligen Zeitpunkt unmöglich waren. Die Forschenden wollten mithilfe modernster Geräte und Technologie in steilem Permafrost Messdaten in bisher unerreichter Menge und Qualität erheben.

Zum Sensornetzwerk zählt unter anderem eine automatische Spiegelreflexkamera, die alle zwei Minuten Bilder von der Abbruchstelle schießt. Abstandsmessungen in Felsspalten gehören dazu, welche die Weitung von Klüften und den Versatz von Felsbrocken zueinander messen. In verschiedenen Felstiefen, aber auch an der Oberfläche, werden Temperaturen gemessen. Permanent messen Neigungsmesser und GPS-Sensoren, wie sich einzelne Felsköpfe und der ganze Grat talwärts neigen. In den letzten Jahren ergänzten die Forscher ihre Sensorfamilie zudem um Seismik- und Akustik-Messgeräte.

Modellmessung
Modellversuch zur Messung von Bewegungen an eisgefüllten Klüften. © P. Brügg/ ETH Zürich

Vom Gipfel ins Rechenzentrum

Es war dabei keine ganz leichte Aufgabe, Sensoren zu finden oder zu entwickeln, die den harschen Bedingungen des Hochgebirges standhalten können. Auf dem Matterhorn sind die Geräte im Sommer intensiver Sonnenstrahlung ausgesetzt, im Winter dagegen herrschen starke Winde und Temperaturen bis zu minus 40 Grad. Zudem müssen die Messinstrumente möglichst langlebig sein, denn jeder Ersatz ist enorm aufwändig: Man benötigt einen Helikopter und speziell ausgebildete Bergsteiger, um die teils schwer erreichbaren Sensor-Standorte zu erreichen.

Die Übermittlung der Messdaten erfolgt deshalb über Mobilfunk und Funk. Vom Hörnligrat gelangen die Daten so zum Kleinen Matterhorn und von dort über das Internet praktisch in Echtzeit in ein Rechenzentrum der ETH Zürich. Dort werden sie gesammelt, analysiert und ausgewertet, seit nunmehr zehn Jahren permanent und beinahe ohne Unterbruch, sommers wie winters, zu jeder Tageszeit.

Quelle: ETH Zürich

  1. zurück
  2. 1
  3. |
  4. 2
  5. |
  6. 3
  7. |
  8. 4
  9. |
  10. 5
  11. |
  12. weiter
Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Datenschatz vom Matterhorn
Sensor-Messnetz gibt Einblick in Permafrost und Felssturzgefahr

Ein Berg unter Beobachtung
Das Projekt PermaSense

Schmelzender Kitt
Was Klimawandel, Permafrost und Felsstürze verbindet

Einzigartiger Schatz
Zehn Jahre an hochaufgelösten Daten

Resonanzen im Fels
Wie sich Felsstürze ankündigen

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Allgäu: Gewaltiger Felssturz droht
Riss am Gipfel des Hochvogels kündigt Abbruch der Gipfelwand an

Forscher setzen Zugspitz-Gipfel unter Strom
Neue Methode untersucht Auswirkungen des Klimawandels auf die Stabilität des Gesteins

Präziseste globale Permafrostkarten erstellt
Weltweite Permafrostregionen umfassen 22 Millionen Quadratkilometer Fläche

Rekord-Erosion durch tauenden Permafrost
Itkillik River in Alaska frisst sich pro Jahr 19 Meter tief in das Ufer

Dossiers zum Thema

Permafrost - Kalter Boden und seine globale Bedeutung