Für manche Amphibien kommt jede Hilfe schon jetzt zu spät. Andere Arten könnten dagegen noch zu retten sein – wenn es gelingt, die grassierende Epidemie zu stoppen. Doch ist das überhaupt möglich? Der Chytridpilz und der Salamanderfresser können zwar durchaus mithilfe von Chemikalien abgetötet werden. Ein großflächiger Einsatz solcher „Giftcocktails“ in der Natur hätte allerdings unabsehbare Folgen.
Einer von vielen Gründen: Die Amphibienkiller gehören zu einer großen und weit verbreiteten Klasse von Pilzen, die keineswegs nur unerwünschte Krankheitserreger umfasst. Viele Mitglieder der sogenannten Chytridiomycetes spielen in aquatischen und terrestrischen Ökosystemen eine bedeutende Rolle. Chemikalien gegen den Chytridpilz würden auch diesen wichtigen Arten den Garaus machen. Was also tun?
Medizin gesucht
Auf der Suche nach Alternativen haben Forscher inzwischen unter anderem winzige Wasserorganismen im Blick. Beobachtungen zeigen, dass sich der Chytridpilz je nach Zusammensetzung der Lebensgemeinschaft im Gewässer unterschiedlich gut verbreiten kann. Tummeln sich Rädertierchen aus der Familie der Notommatidae im Nass, reduziert sich die Zahl der Sporen massiv – und kaum ein Tier erkrankt. Manchen Pantoffeltierchen gelingt es ebenfalls, die Befallsrate auf einem niedrigen Niveau zu halten.
Eine weitere Möglichkeit könnte der Einsatz von Bakterien sein. Auf der Haut mehrerer Amphibienspezies haben Wissenschaftler Mikroben entdeckt, die einen gewissen Schutz vor den Pilzinfektionen zu bieten scheinen – zum Beispiel bei zwei kolumbianischen Stummelfußfrosch-Arten. Auf diesen Tieren leben zwölf Bakterienspezies, die das Wachstum des Chytridpilzes im Labor hemmen. Besonders effektiv sind dabei Vertreter der Gattung Pseudomonas.
Anti-Pilz-Training
Eine große Hoffnung ist auch die potenzielle Möglichkeit einer Impfung: Kann man bedrohte Amphibien in Gefangenschaft Schritt für Schritt an den Erreger gewöhnen und dann wieder in ihrer Heimat ansiedeln? Getestet haben Forscher um Jason Rohr von der University of South Florida in Tampa diesen Ansatz bereits an zwei Arten, die besonders empfindlich auf den Pilz reagieren: den kubanischen Laubfrosch und den Booroolong-Laubfrosch aus Australien.
Für die Immunisierung infizierten die Wissenschaftler die Frösche mit Pilzsporen, befreiten sie aber so schnell wieder davon, dass sie nicht tödlich erkrankten. Diese Prozedur wiederholten sie mehrmals. Und tatsächlich: Im Laufe der Zeit schien das Immunsystem der Frösche immer besser mit dem Pilz klarzukommen und bildete bei Kontakt mehr und mehr Abwehrzellen.
Der entscheidende Tropfen
Doch es wäre falsch, sich nur auf diese Amphibienkiller zu konzentrieren. Stress, Klimaänderungen und andere Krankheiten machen Fröschen, Kröten und Molchen auf der ganzen Welt ebenso zu schaffen – und provozieren womöglich erst eine Anfälligkeit gegenüber den Pilzen. So hat sich gezeigt: Viele Amphibien reagieren auf eine Infektion unbeeindruckt, solange es ihnen ansonsten gut geht.
Erst wenn die Umweltbedingungen ungünstig sind oder ein zweiter Erreger hinzukommt, erkranken die Tiere. Der Pilz bringt dann bildlich gesprochen das Fass zum Überlaufen. Manche Ochsenfrösche sterben zum Beispiel erst bei einem Doppelbefall von Batrachochytrium dendrobatidis und dem ebenfalls sehr gefährlichen Rana-Virus. Wer die Amphibien retten will, muss demnach auf mehreren Ebenen ansetzen – eine große, aber lohnenswerte Aufgabe.
Daniela Albat
Stand: 13.04.2018