Wer von Osaka aus mit dem Flugzeug reisen will, muss zuerst aufs Wasser. Denn der Flughafen der Stadt ist nur über eine vier Kilometer lange Brücke zu erreichen: Kansai Airport liegt vor der japanischen Küste auf einer künstlichen Insel. Mehr als 5.000 Stahlsäulen, ein Wall aus Stein und Beton und eine 30 Meter tiefe Betonschutzmauer bilden das Fundament des fünf Quadratkilometer großen Eilandes.
Bei seiner feierlichen Einweihung im Jahr 1994 galt der Flughafen als Wahrzeichen und Meisterstück japanischer Ingenieurskunst. Die in klassischer Aufschüttungsbauweise errichtete und vom Stararchitekten Renzo Piano entworfene Insel sollte Maßstäbe setzen für den modernen Flughafenbau. Und zunächst tat sie das auch, vor allem allerdings in Bezug auf die Baukosten. Mit umgerechnet zwölf Milliarden Euro waren sie auf jeden Fall weltrekordverdächtig…
Doch die hohen Kosten hatten einen Grund: Die Ingenieure mussten bei der Konstruktion einige widrige Umstände meistern: Der vulkanische Gesteinsuntergrund in diesem Küstengebiet ist von einer dicken Lehmschicht überdeckt, die nicht sehr stabil ist und unter Druck leicht nachgibt. Die Ingenieure versuchten daher, ihre Konstruktion diesen schwierigen Bedingungen anzupassen: Zunächst versenkten sie 5.000 Stahlrohre durch das 18 Meter tiefe Wasser und die Lehmschicht hindurch bis auf das Untergrundgestein. Sie sollten die Lehmschicht stabilisieren und gleichzeitig ein Stützgerüst für das darauf aufgeschüttete Material bilden. Ein Deich aus Betonblöcken und Gestein sicherte das Ganze nach außen hin ab.
Aus den umliegenden Bergen wurden anschließend 180 Millionen Kubikmeter Erde und Geröll herangeschafft und im Wasser versenkt – das Volumen von gut 70 Cheopspyramiden. Sie bildeten das eigentliche Fundament für die Landebahnen und Gebäude des Flughafens. Doch die Ingenieure mussten trotz aller Befestigungen damit rechnen, dass die Lehmschicht im Laufe der Zeit nachgeben könnte. Es fragte sich nur, wann und wie schnell.
Noch während der Bauzeit prognostizierte eine Expertenkommission, dass sich die Lehmschicht, und mit ihr die gesamte künstliche Insel, innerhalb der nächsten 50 Jahre um rund 8,5 Meter senken werde. Sollte der Flughafen das überleben, musste er sich an diese Erdbewegungen anpassen können.
Und bis zu einem Grad tut er das auch: Mehr als tausend hydraulisch ausfahrbare Säulen tragen die tonnenschweren Flughafenterminals. Senkt sich der Untergrund an einer Stelle ab, schlagen fest installierte Sensoren Alarm, und Einsatztrupps schwärmen nachts aus, um die einzelnen Säulen neu zu justieren und damit das Gebäudefundament in der Waagerechten zu halten. Strom- und Klimaanlagenleitungen sind von vornherein so verlegt, dass sie flexibel auf Verschiebungen in den Wänden reagieren und nicht reißen oder brechen. Aber reichen diese Maßnahmen auch aus?
Stand: 20.10.2003