Einer der wichtigsten Schlüsselreize ist jedoch für fast alle Blutsauger der Geruch. Sie reagieren dabei in erster Linie auf bestimmte Stoffwechselprodukte, die vom menschlichen oder tierischen Körper an die Umgebung abgegeben werden. Vor allem das mit der Atemluft abgegeben Kohlendioxid, aber auch Wasserdampf und Substanzen im menschlichen Schweiß wie Milchsäure oder ihre bakteriellen Abbauprodukte sind starke Lockstoffe für die Insekten.
Doch die genaue Ortung über diese Duftstoffe ist nicht einfach, denn Mensch und Tier geben sie nicht in gleichbleibender Konzentration ab. Stattdessen entstehen in Abhängigkeit von der Aktivität unregelmäßige Duftströme, die zudem noch vom Wind zerstreut werden. Eine Mücke auf Nahrungssuche kann sich deshalb nicht an einem gleichmäßigen Gradienten orientieren, sondern muss sich zwischen einer Reihe von einzelnen „Duftinseln“ hin und her bewegen.
Die empfindlichen Chemorezeptoren einer Stechmücke können dabei noch winzigste Konzentrationsänderungen des Kohlendioxids in der Luft wahrnehmen. In Windkanalversuchen reagieren die Tiere noch auf eine CO2-Zunahme von nur 0,01 Prozent und zeigen dann ihr typisches Suchverhalten: Solange sie sich innerhalb einer „Duftinsel“ bewegen, fliegen sie geradeaus in Richtung des steigenden Gradienten, geraten sie in einen Bereich mit niedrigeren Konzentrationen, wechseln sie abrupt die Flugrichtung und wiederholen diese Wendemanöver so lange, bis sie wieder eine Zone steigender Konzentrationen erreichen. Auf diese Weise können Stechmücken verräterischen Duftsignalen noch aus Entfernungen von 20 bis 35 Metern folgen, Tsetsefliegen sogar aus mehr als 90 Metern.
Auch wenn die chemische Ortung vor allem von Kohlendioxid einer der wichtigsten und verbreitetsten Wirtsfindemethoden für Stechinsekten und Zecken ist, die meisten Blutsauger verlassen sich nicht auf ein Signal allein, sondern suchen „mehrgleisig“. Vor allem Stechmücken fahren dabei ein ganzes Arsenal an Ortungssystemen auf: „Sie unterscheiden Helligkeit, Form, Farbe, Wärme, Luftfeuchtigkeit, Kohlendioxidgehalt und Konzentration von Duftstoffen in der Luft, die von den Objekten ihrer Begierde ausgehen,“ erklärt dazu Ulrike Mangel, Mückenforscherin bei Bayer.
Stand: 06.05.2002