An der Vogelwarte Radolfzell wird das Zugverhalten von Singvögeln, wie Haus- und Gartenrotschwanz, in Käfigen studiert. Das klingt im ersten Moment etwas seltsam. Doch die Vogelwarte benutzt keine ganz normalen Käfige, sondern vielmehr geräumige Messgehege gespickt mit Instrumenten. Aber was soll mit einem Käfig gemessen werden? Die Antwort ist: die Zugunruhe bei Vögeln.
Schon vor langer Zeit wurde bei im Käfig gehaltenen Zugvögeln beobachtet, dass diese im Herbst außergewöhnlich unruhig werden, im Käfig zappeln und schnell mit den Flügeln schlagen. Die Vögel drängt es, in den Süden zu fliegen. Diesen Zustand bezeichnet man als Flugunruhe. Um die Dauer und Intensität dieser Zugunruhe zu messen, haben die Käfige in Radolfzell bewegliche Stangen, die an ein Registriergerät angeschlossen sind. Jedesmal, wenn der Vogel auf der Stange zappelt, wird dies aufgezeichnet.
Um festzustellen, in welche Richtung die Tiere gerne wandern würden, kommen sie in eine trichterförmige Vorrichtung, die mit besonderem Papier ausgelegt ist. Sie können aus dem Trichter nicht herausfliegen, weil oben drauf eine Glasplatte liegt. Anhand der Kratzspuren, die der Vogel auf dem Papier hinterlässt, kann die Zugrichtung bestimmt werden. Dass die Ergebnisse dieser Methoden nicht nur das Verhalten von Käfigvögel zutreffend beschreibt, haben Kontrolluntersuchungen mit freilebenden Tieren gezeigt.
Die Frage, die die Vogelforscher zur Entwicklung dieser Käfige bewegte, war: Was veranlasst die Vögel zu ihrem Aufbruch? Sind es die sich im Jahreszyklus verändernden Tag-Nachtlängen, ist es vielleicht die Temperatur? Oder kommt der Aufbruch von innen, sozusagen aus dem Bauch heraus und ist damit genetisch bedingt?