Der Kriminalfall „Dinokiller“ geht weiter. Für Walter und Luis Alvarez geht es nun darum, die am Tatort hinterlassene Spur – das Iridium – einem Täter zuzuordnen. Die entscheidende Frage ist daher: Was könnte die Quelle der abrupten Iridium-Anreicherungen in der K/T-Grenzschicht sein?
Eine irdische Quelle kommt hierfür kaum in Frage, denn das Metall ist eines der seltensten Elemente überhaupt in der Erdkruste. Zudem ist nur dieses Metall im 65 Millionen Jahre alten Grenzton, nicht aber eines der anderen in irdischen Iridiumvorkommen häufigen Elemente. „Wenn aber die Quelle extraterrestrisch ist, dann wäre sie von Natur aus reich an Iridium und könnte unsere Messungen erklären“, erklärt der Nuklearchemiker Frank Asaro vom Lawrence Berkeley National Laboratory. „Wir hielten daher die extraterrestrische Hypothese für wahrscheinlicher.“
Eine Sternenexplosion reicht nicht
Aber was im Weltraum kann so große Mengen Iridium in so kurzer Zeit auf die Erde bringen? Eine der zunächst von vielen Forschern favorisierten Erklärungen ist eine Supernova, eine gewaltige Sternenexplosion. Auch der Geologe Jan Smit von der Freien Universität Amsterdam verfolgt anfangs diesen Ansatz und wendet sich mit seinen Iridium-Werten an einige Astronomen, die auf ungewöhnliche Weltraumphänomene spezialisiert sind.
„Sie begannen zu kalkulieren, welche Iridiummengen man durch eine Supernova erhalten könnte“, erzählt Smit. „Aber selbst unter Annahme eines extrem ungewöhnlichen Typs von Supernova lagen ihre Berechnungen noch immer um fünf Größenordnungen unter meinen Werten. Das war dann das Aus für die Supernova-Theorie.“
Falsches Isotopen-Verhältnis
Auch Luis und Walter Alvarez rechnen das Supernova-Szenario durch. „Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass in den letzten 100 Millionen Jahren eine Supernova nahe genug an der Sonne stattfand, liegt nur bei eins zu einer Milliarde“, konstatieren sie. Um diese Theorie trotzdem zu überprüfen, gehen sie das Problem zusätzlich von der anderen Seite aus an: Sie fahnden in den urzeitlichen Iridiumresten nach Spuren ihrer Herkunft.
Dafür analysieren die Forscher das Verhältnis zweier Iridium-Isotope in ihren Proben von der K/T-Grenze. Denn wie viele andere chemische Elemente auch können die Atomkerne des Iridiums leicht abweichende Anzahlen von Neutronen enthalten. Der Clou daran: Das Isotopenverhältnis des Iridiums ist für alle Objekte in unserem Sonnensystem ziemlich gleich, weicht aber für andere extrasolare Quellen deutlich ab.
Das Ergebnis der Analysen zeigt: Das in der K/T-Grenze abgelagerte Iridium unterscheidet sich nur um 0,03 Prozent von der Referenz. „Daher stammt die Iridium-Anomalie sehr wahrscheinlich aus unserem Sonnensystem und nicht von einer Supernova oder einer anderen entfernten kosmischen Quelle“, konstatieren die Forscher. Für Alvarez und seine Mitstreiter bleibt damit nur noch eine logische Erklärung für die Iridium-Anomalie übrig: der Einschlag eines Asteroiden – eines Himmelskörpers aus unserem Sonnensystem.
Nadja Podbregar
Stand: 11.09.2015