Energie

Ein Kraftwerk entsteht

Von Baggern, Turbinen und Eichenholzpfählen

Als im Mai 2009 alle Vorarbeiten für das zukünftige Praterkraftwerk erledigt sind, geht es endlich mit dem Bau der Gebäude und der anderen Anlagenabschnitte los. Aufwändig ist dabei vor allem die Konstruktion des unterirdischen Stollens, der später die Turbine mit Wasser versorgen soll.

„Zur Errichtung werden rund 600 Bohrpfähle mit einer Länge von bis zu zehn Metern gesetzt. Davon ist jeder Zweite mit einem Stahleinbau bewehrt, um dem späteren Horizontaldruck standzuhalten. Erst danach kann der Triebstollen ausgehoben werden. Zur Aussteifung des 150 Meter langen und 4,5 Meter breiten Bauwerks werden insgesamt 3.500 Kubikmeter Stahlbeton verbaut“, beschreibt der Projekt-Flyer der Stadtwerke München und von Green City Energy einige der wichtigsten anstehenden Tätigkeiten.

Verdichteter Untergrund und Pfähle mit historischer Bedeutung

Zu kämpfen haben die Ingenieure und Bauarbeiter trotz schweren Geräts mit dem stark verdichteten Untergrund des Flussbettes – und mit Relikten aus längst vergangenen Zeiten. So stoßen sie bei Baggerarbeiten unter anderem auf eine große Anzahl an massiven Eichenholzpfählen. Wie eilig herbeigerufene Experten konstatieren, gehören diese zu einem ehemaligen Triftkanal. Dieser zweigte früher in Höhe des neuen Einlaufs des Praterkraftwerks von der Isar ab und führte zum königlichen Holzgarten im Stadtteil Lehel. Bevor es Eisenbahnen gab, diente der Kanal zum Brennholztransport aus dem Oberland zur Residenz. Bevor die Bagger weitermachen können, müssen die gut erhaltenen Pfähle mit historischer Bedeutung zunächst vorsichtig geborgen und in Sicherheit gebracht werden. Dazu sind 30 Lastwagenladungen nötig.

Einbau der Turbine am Praterkraftwerk © Green City Energy

Trotzdem gehen die Arbeiten unter anderem am Einlaufbauwerk, am eigentlichen Kraftwerkshaus und an der Trafostation gut voran – das Praterkraftwerk nimmt allmählich Gestalt an. Viele Anwohner und Touristen schauen sich mit Interesse das emsige Treiben direkt vor Ort an. Doch noch immer fehlt die Turbine, die die Kössler Gesellschaft in Sankt Pölten extra für das neue Praterkraftwerk entwickelt hat.

Puzzlespiel beim Turbinenbau

Aber nicht mehr lange. Denn nach nicht einmal einem Jahr Gesamtbauzeit kommt das Projekt Praterkraftwerk im Februar 2010 endgültig in seine heiße Phase: das Herzstück der Anlage trifft auf der Baustelle ein. In der Turbine ist Hightech aus den Bereichen Wind- und Wasserkraft vorteilhaft miteinander verbunden. So wurden der Generator und das „elektronische Getriebe“ eigentlich für die Windkraftbranche hergestellt und garantieren eine besonders gute Stromausbeute. Die Grundkonzeption der Turbine und das Lauf- und Leitrad gehen dagegen auf den herkömmlichen Wasserturbinenbau zurück.

Turbine wird zusammengebaut © Scharnagl / SWM

Doch die Integration der Turbine ins Kraftwerkshaus wird zu einem gigantischen Puzzlespiel. Da die Turbine ziemlich schwer ist – 30 Tonnen – besteht sie aus gleich sechs Teilen. Dazu gehören neben dem sieben Tonnen schweren Laufrad mit Welle unter anderem auch die vier Tonnen wiegende Laufradkammer mit dem Saugrohrkonus, das Schließgewicht von 4,5 Tonnen und diverse Kleinteile.

Ein neuer „Keller“ für die Isar

Aufgrund des enormen Gewichts kann man die Einzelteile nicht, wie sonst üblich, vormontieren, sondern sie müssen direkt im Kraftwerkshaus 25 Meter unter der Isar zusammengefügt werden. Damit alles problemlos klappt, haben die Monteure bei dem Einsetzen der Turbinenteile mithilfe eines Autokrans zudem eine strikte Reihenfolge einzuhalten. Zuerst kommt das 2,30 Meter große Laufrad mit der Welle, dann das Schließgewicht und der Rest.

April 2010: der Wiederaufbau der Kaskaden ist in vollem Gange. © Green City Energy

Doch das diffizile Vorhaben gelingt, Ende März 2010 ist alles fertig. Und auch die anderen Bauwerke des Praterkraftwerkes machen so gute Fortschritte, dass schon im April mit dem Wiederaufbau der Kaskaden im Flussbett begonnen werden kann. Anfang Juni ist dann der ganze „Spuk“ in der Isar vorbei. Die Bagger und die Baustraße sind verschwunden, nur noch das wasserlose Flussbett deutet daraufhin, dass der Fluss in den letzten 14 Monaten einen neuen „Keller“ erhalten hat.

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Dieter Lohmann
Stand: 01.07.2011

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

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