Anthropogeographie

Ein Land, in dem Milch und Honig fließen

Platons Atlantis

Ein versunkenes Inselreich? - Atlantis-Nachbildung auf den Bahamas © Fred Hsu / GFDL

„Späterhin aber entstanden gewaltige Erdbeben und Überschwemmungen, und da versank während eines schlimmen Tages und einer schlimmen Nacht das ganze streitbare Geschlecht bei euch scharenweise unter die Erde und ebenso verschwand die Insel Atlantis, indem sie im Meere unterging. Deshalb ist auch die dortige See jetzt unfahrbar und undurchforschbar, weil der sehr hoch aufgehäufte Schlamm im Wege ist, welchen die Insel durch ihr Untersinken hervorbrachte.“

Der Fels von Gibraltar von Punta del Canero aus gesehen - eine der Säulen des Herkules © Hans Lohninger / GFDL

So beschreibt der Philosoph Platon in seinem um 360 vor Christus entstandenen Dialogen „Timaios“ und „Kritias“ das Ende von Atlantis. Nach den Schilderungen des berühmten Griechen lag dieses im Atlantik jenseits der „Säulen des Herkules“. Gemeint waren damit im Altertum der Felsen von Gibraltar und sein Pendant auf afrikanischer Seite – entweder der Berg Dschebel Musa in Marokko oder der Monte Hacho nahe Ceuta. Laut Platon spielte sich das Katastrophen-Szenario etwa 9.600 vor Christus ab und löschte ein Reich aus, das in etwa so groß war wie fast ganz Nordafrika und die damals bekannten Regionen Vorderasiens zusammen genommen.

Gewaltige Dimensionen und gewaltiger Reichtum

Ebenso erstaunlich wie die Dimensionen des Landes war angeblich auch der Reichtum von Atlantis und seinen Königen. Rohstoffe wie Gold und Silber sowie andere schmelzbare Erze gab es dort in großen Mengen, der Boden war fruchtbar und wurde intensiv von den Menschen bewirtschaftet. Sogar die künstliche Bewässerung hatten seine Bewohner schon erfunden. Auch sonst ähnelte Atlantis Platon zufolge einem vorchristlichen Garten Eden, einem Land, wo „Milch und Honig fließt“. Aromatische Düfte, Wurzeln, Gräser, Hölzer, aber auch Früchte, Gemüse und Getreide waren auf der Insel im Überfluss und in bester Qualität vorhanden.

„Ferner brachte sie alles, was der Wald zu den Arbeiten der Handwerker darbietet, in reichem Maße hervor und nährte reichlich wilde und zahme Tiere. Sogar die Gattung der Elefanten war auf ihr sehr zahlreich; denn nicht bloß für die übrigen Tiere insgesamt, welche in Sümpfen, Teichen und Flüssen, sowie für die, welche auf den Bergen und welche in den Ebenen leben, war reichliches Futter vorhanden, sondern in gleichem Maße auch selbst für diese Tiergattung, die die größte und gefräßigste von allen ist“, schreibt Platon.

Leben in Atlantis © Lloyd K. Townsend / gemeinfrei (historisch)

Basileia als Zentrum

Prunkstück und Lebensmittelpunkt von Atlantis war jedoch die Königsstadt Basileia mit ihrer auf einem Berg gelegenen Akropolis und mehreren ringförmig angelegten Kanälen und mächtigen Mauern drumherum. Dort gab es Platon zufolge Bauwerke, die zum Teil mit Gold, aber auch mit Silber und anderen Kostbarkeiten verziert waren.

In Basileia residierten die Nachkommen von Atlas, dem ältesten Sohn von fünf Zwillingspaaren, die der Meeresgott Poseidon laut Platon mit der sterblichen Kleito gezeugt hatte. „Die königliche Wohnung innerhalb der Burg selbst aber war folgendermaßen eingerichtet: Inmitten der letztem befand sich ein der Kleito und dem Poseidon geweihter Tempel, welcher nur von den Priestern betreten werden durfte und mit einer goldenen Mauer umgeben war […]. Dahin schickte man auch jedes Jahr aus allen zehn Landgebieten die Erstlinge als Opfer für einen jeden von diesen.“

Widerstand zwecklos?

Ebenso stattlich wie durchschlagskräftig war darüberhinaus das Heer von Atlantis. Erstaunliche 1.200 Kriegsschiffe und mehr als 200.000 Marine-Soldaten soll die Streitmacht umfasst haben – mindestens. Damit gingen die Herrscher von Atlantis gerne und häufig auf Eroberungsfeldzüge, denen neben großen Teilen Europas auch fast ganz Nordafrika zum Opfer fiel. Erst die zahlenmäßig deutlich unterlegene Armee Athens konnte schließlich durch eine Tat, die sich „durch ihre Größe und Kühnheit“ hervortat, wie Planton schreibt, der Kriegsflotte von Atlantis Paroli bieten – bis sich die gewaltige Naturkatastrophe ereignete, die große Teile des Heers der Griechen, aber auch Atlantis selbst vernichtete.

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Dieter Lohmann
Stand: 25.03.2011

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Mythos Atlantis
Die Suche nach einem sagenhaften Inselreich

Atlantis im Atlantik?
Google Earth und das verschollene Inselreich

Ein Land, in dem Milch und Honig fließen
Platons Atlantis

Zwischen Wahrheit und Fiktion
Gab es Atlantis wirklich?

Von Erdbeben und Seevölker-Überfällen
Pro und Contra Atlantis

Auch Atlantis-Theorien können untergehen
Viele Kandidaten, keine Beweise

Atlantis in der Ägäis?
Die Kreta-Santorin-Theorie

Troja ist es…
…auch nicht

Sintflut verschlang Atlantis
Noch eine Theorie ohne Gewähr

„Finding Atlantis“ – kein Ende in Sicht
Immer wieder neue Kandidaten

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