Jedes Kind in China kennt die Sage von Wan Hu, dem verträumten Mandarin, der alles über die Sterne wissen wollte. Eines Tages im 15. Jahrhundert, so heißt es, setzte er sich in einen fliegenden Stuhl, der die Form eines Drachen hatte, und an dem 47 Feuerwerksraketen befestigt waren. Er befahl seinen 47 Assistenten, jeder ausgerüstet mit einer brennenden Fackel, die Raketen gleichzeitig zu entzünden.
Sie taten, wie ihnen geheißen, und es kam, wie es kommen musste: Wan Hus Versuch, die Sterne zu erreichen, schlug auf dramatische Weise fehl. Der Mandarin verschwand in einer ungeheuren Explosion, und niemand sah ihn jemals wieder.
Wahrscheinlich kennt auch Chen Long die Sage von Wan Hu, dem wissbegierigen Mandarin. Und vielleicht ging sie ihm durch den Kopf, als er am Abend des 29. Dezember letzten Jahres an den Vorbereitungen zum Start von Shenzhou 4 teilnahm, der Generalprobe für den ersten bemannten chinesischen Raumflug. Einige Stunden vor dem Start halfen Techniker Chen Long in seinen Raumanzug. Dann fuhren sie ihn mit dem Bus hinaus zur Startrampe. Dort nahm er den Lift zur Spitze der Rakete.
Und das war es dann auch für dieses Mal, denn Chen Long stieg nicht in das Raumschiff. Shenzhou 4 startete unbemannt. Das Schiff war vollgepackt mit Messinstrumenten und Experimenten. Und an Chen Longs Stelle ging eine Puppe in Menschengröße, gekleidet in einen Raumanzug, auf die Reise.
Stand: 19.09.2003