Wie bei allen sich selbst erhaltenden Systemen hat auch die Stabilität des nordatlantischen Stroms enge Grenzen. Im Moment befindet sich das System in einem Gleichgewicht, bei dem die wichtigen Parameter Temperatur und Salzgehalt genau ausbalanciert sind. Der Zufluss von Süßwasser aus Flüssen, Niederschlägen oder abschmelzenden Eismassen wird ausgeglichen durch den Zustrom salzigen Wassers aus dem Süden und dem Abtransport des kalten „verdünnten“ Meerwassers im nordatlantischen Tiefenstrom.
Doch was geschieht, wenn soviel Süßwasser einströmt, dass nicht alles abtransportiert werden kann? Bedingt durch die globale Erwärmung nehmen nicht nur die Oberflächentemperaturen der Meere zu, auch die Küstengletscher Grönlands schmelzen immer schneller ab. Satellitenmessungen haben gezeigt, dass die Eisdicke an einigen Stellen bis zu einem Meter pro Jahr abnimmt. Insgesamt gehen durchschnittlich 51 Kubikkilometer Eis pro Jahr verloren und fließen größtenteils als Süßwasser ins Nordpolarmeer. Die Folge: Das Nordatlantikwasser wird verdünnt.
Berechnungen am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung haben gezeigt, dass das Strömungssystem des Atlantiks eine Verdünnung nur bis zu einem bestimmten Schwellenwert toleriert. Wird dieser Grenzwert überschritten, ist das Oberflächenwasser nicht mehr dicht genug, um in die Tiefe zu sinken. Dadurch bleibt die Bildung von salzärmerem kalten Tiefenwasser aus, der Abtransport des verdünnten Wassers durch den nordatlantischen Tiefenstrom funktioniert nicht mehr richtig. Der Motor der Zirkulation gerät ins Stocken und das ozeanische Förderband wird immer langsamer und schwächer.
Aus Simulationen schließen Klimaforscher, dass es sich bei diesem System zudem um ein „ganz-oder-gar-nicht“-Modell handelt, bei dem langfristig es nur zwei stabile Zustände gibt: Strömung an – oder aus. Wenn die Schwelle einmal überschritten ist, könnte es daher sein, dass der Conveyor langsam aber sicher im Laufe von 100 bis 200 Jahren völlig zum Stillstand kommt…
Stand: 21.10.2000