Die Idee eines „Urknalls“ betritt im Jahr 1931 die Bühne der Kosmologie. Ersonnen hat dieses für damalige Verhältnisse revolutionäre Szenario ausgerechnet ein katholischer Priester – der belgische Abbé und Physiker Georges Lemaitre.
Es dehnt sich aus!
Schon 1927 postuliert er, dass sich das Universum ausdehnen muss – zu einer Zeit, als man noch von einem statischen, ewig unveränderlichen Universum ausging. In seinen Berechnungen kommt Lemaitre jedoch immer wieder auf eine Expansion – die Werte passsen sonst einfach nicht zusammen.
Damit allerdings ist er nicht allein: Rund zehn Jahre zuvor stand auch Albert Einstein mit seiner allgemeinen Relativitätstheorie vor diesem Problem. Doch er glaubte damals noch fest an ein statisches Universum und griff daher zu einem Kniff: Er glich diesen „Makel“ seiner Gleichungen einfach dadurch aus, dass er die kosmologische Konstante einführte – einen Wert, der die vermeintlich falsche Expansion ausglich.
Hubbles Rotverschiebung verändert die Sicht
1929 dann erhält Lemaitre Rückendeckung vom US-Astronom Edwin Hubble: Als dieser das Licht weit entfernter Galaxien analysiert, fällt ihm auf, dass es umso stärker in den roten Wellenbereich verschoben ist, je weiter entfernt die Lichtquellen liegen. Seine Schlussfolgerung: Das Licht muss auf seinem Weg zu uns gedehnt worden sein – und das bedeutet, dass sich die Lichtquelle von uns entfernt.
Für Lemaitre liegt die Konsequenz auf der Hand: Wenn sich das Universum ausdehnt, und das offenbar in alle Richtungen, dann muss es einst sehr viel kleiner gewesen sein. Konsequent zu Ende gedacht könnte es sogar einmal in einem winzigen Punkt konzentriert gewesen sein – einer Art „Urkeim“ des Kosmos.
Ablehnung von Einstein und Co
Doch das damalige Physik-Establishment tut sich schwer damit, diese neue Sicht des Universums anzunehmen. Einstein soll zu Lemaitre gesagt haben: „Ihre Berechnungen sind korrekt, aber ihr Verständnis der Physik ist furchtbar.“ Er und andere namhafte Forscher weigern sich zunächst, die naheliegende Konsequenz der Expansion zu akzeptieren: Das Universum muss früher anders ausgesehen haben und es muss einen Anfang gegeben haben.
„Als Wissenschaftler glaube ich einfach nicht, dass das Universum mit einem Bang begann“, schreibt Arthur Eddington, Lemaitres ehemaliger Lehrer an der University of Cambridge, im Jahr 1928. Wie viele seiner Zeitgenossen hält er an der Jahrhunderte alten Vorstellung fest, dass das Universum statisch ist und schon seit unendlicher Zeit existiert haben muss. Die Idee, dass es einen Uranfang gegeben habe, bezeichnet Eddington schlicht als „abstoßend“.
Ein Grund dafür: Vielen Wissenschaftlern schmeckt die Vorstellung eines solchen Anfangs zu sehr nach einer religiös geprägten Schöpfung. Sie schien zu implizieren, dass eine übernatürliche Kraft oder ein Gott diesen Uranfang ausgelöst haben musste. Ein ewiges Universum existiert dagegen einfach so, ohne dass eine allererste Ursache dafür gesucht werden muss.
Nadja Podbregar
Stand: 01.04.2016