Irgendeine Erschütterung oder Veränderung in den Seen – so die Wissenschaftler heute – führte nach Ausbildung der gewaltigen CO2-Gasblasen dazu, dass die stabile Schichtung im See durcheinandergeriet. Erdbeben, Vulkanausbrüche oder Erdrutsche wären dafür eigentlich geradezu prädestiniert. Bei den Entgasungen an Nyos und Monoun haben Wissenschaftler um George Kling von der University of Michigan jedoch einen anderen Faktor in Verdacht, der zumindest mit zur Katastrophe beigetragen haben könnte – das Klima.
Die Schichtung innerhalb der Kameruner Seen ist am labilsten, wenn das Oberflächenwasser stark abkühlt und absinkt. Dies ist immer dann der Fall, wenn während der Monsunzeit die Sonneneinstrahlung geringer wird und als Folge die Lufttemperatur sinkt. Höhepunkt der Monsunsaison im tropischen Zentralafrika ist der August, genau der Monat in dem beide Seen damals explodierten.
Langzeit-Analysen von Klimadaten in der Region ergaben darüberhinaus, dass die Temperaturen in den betroffenen Jahren deutlich niedriger und die Regenfälle erheblich höher waren als im Durchschnitt. Die Schichtung in den beiden Gewässern könnte deshalb, so die Wissenschaftler, noch labiler als sonst im August gewesen sein und letztlich irgendwann einen kritischen Punkt erreicht haben, der „das Fass zum Überlaufen brachte“.
Hochprozentiges Gas-Wasser-Gemisch
Nachdem die Ordnung in den Seen erst einmal – durch welches Ereignis auch immer – durcheinander geraten war, vermischten sich die kalten, gasreichen Schichten des Tiefenwassers mit den relativ warmen, CO2-armen des Oberflächenwassers. Beim Aufsteigen der hochprozentigen Gas-Wasser-Mixtur wurde aber der Umgebungsdruck irgendwann so gering, dass das CO2 auszuperlen begann und sich Blasen bildeten. Dieser Vorgang ist vergleichbar mit dem Entfernen des Deckels von einer Mineralwasserflasche.
Waren aber erst einmal Gasblasen entstanden, strebten sie auch mit Macht höher Richtung Wasseroberfläche. Auf ihrem Weg dorthin rissen sie die umgebenden Wassermoleküle mit und neues Tiefenwasser wurde nach“gesogen“. Dies setzte eine gewaltige Kettenreaktion in Gang, bei der riesige CO2-Gasblasen exposionsartig aus dem See in die Atmosphäre abgegeben wurden, mit den bekannten katastrophalen Folgen für Mensch und Tier.
Stand: 20.04.2003