Es gibt nur wenige stellare Ereignisse, die mit bloßem Auge am Himmel sichtbar werden. Jetzt steht eines davon unmittelbar bevor. Schon seit Anfang 2024 erwarten Astronomen, im Sternbild „Nördliche Krone“ (Corona Borealis) ein helles Aufleuchten zu sehen – die Explosion eines Weißen Zwergs in einer Nova. Ihren Beobachtungen zufolge könnte es nun jeden Tag so weit sein.
„Es ist ein Ereignis, das nur einmal im Leben vorkommt“, sagt Astronomin Elizabeth Hays vom Goddard Space Flight Center der NASA. Denn diese Art von Sternexplosionen sind relativ selten – erst recht in unserem nahen Umfeld. „Typischerweise sind Nova-Ereignisse weit entfernt und so schwach, dass ihr genauer Zeitpunkt nur schwer zu bestimmen ist“, erklärt Hays. „Aber diese Nova wird sich in unserer Nähe ereignen.“ Der explodierende Weiße Zwerg liegt nur rund 2.800 Lichtjahre von uns entfernt.
Was sehen wir bei der Nova?
Durch die Explosion wird das unscheinbare Doppelsystem T Coronae Borealis in der Nördlichen Krone für kurze Zeit so hell aufleuchten wie der Nordstern. Normalerweise ist T CrB wegen seiner geringen Helligkeit von nur 10,8 Magnituden mit bloßem Auge nicht sichtbar. Er liegt in einem dunklen Bereich knapp unterhalb des zweiten Sterns von links in diesem gebogenen Sternenband. Doch durch die Nova wird sich die Helligkeit bis auf Magnitude 2 erhöhen – und wir sehen plötzlich einen hellen Lichtpunkt aufstrahlen.
Zu sehen ist die Sternexplosion auch von Deutschland auch – sofern sie bis spätestens Ende September eintritt. Denn bis dahin steht die Nördliche Krone abends noch über dem Horizont. Zurzeit können wir sie in der ersten Nachthälfte am Westhimmel sehen, im Laufe des Septembers wird das Sternbild jedoch immer früher untergehen und steht daher kurz nach Sonnenuntergang nur noch wenige Handbreit über dem westlichen Horizont. Die helle Nova wird jedoch selbst in der Dämmerung noch zu erkennen sein.
Rund eine Woche lang wird die Nova am Himmel sichtbar bleiben, bevor der helle Lichtpunkt wieder verblasst. „Die beste Zeit für eine Beobachtung mit bloßem Auge ist etwa einen Tag nach der Eruption. Aber die Nova wird noch einige Tage lang sichtbar bleiben“, erklärt Hays.
Schon im Mittelalter entdeckt
Schon vor gut 800 Jahren staunten Menschen über eine solche Explosion von T Coronae Borealis, denn dieses Ereignis wiederholt sich alle rund 80 Jahre: „Am frühen Abend, war ein wunderbares Zeichen bei einem Stern im Westen zu sehen: Dieser normalerweise schwachleuchtende Stern erstrahlte einige Zeit lang mit großem Licht, um dann zu seiner ursprünglichen Schwäche zurückzukehren“, beschrieb schon der Mönch Burchard, Abt eines Klosters bei Augsburg, im Jahr 1217. Es ist die erste dokumentierte Beobachtung dieser Nova. Die beiden letzten Wiederholungen ereigneten sich 1866 und 1946.
Damit ist T Coronae Borealis eine astronomische Besonderheit. Denn Astronomen kennen zurzeit zwar rund 400 Sterne, bei denen schon einmal eine Nova beobachtet wurde. Jedes Jahr kommen zudem etwa ein Dutzend weitere solcher Sternexplosionen hinzu. Allerdings ereignen sich die meisten davon so weit entfernt, dass kaum Details erkennbar sind. Die meisten Novae brauchen zudem tausende bis hunderttausende von Jahren, bis sie sich wiederholen – es ist daher eher ein Glücksfall, wenn eines dieser Ereignisse zu unseren Lebzeiten beobachtet wird.
Bei T Coronae Borealis aber ist dies anders. Zum einen liegt dieses System quasi vor unserer kosmischen Haustür, zum anderen gehört es zu den wenigen Nova-Urhebern mit Wiederkehr-Perioden von weniger als hundert Jahren. „Es kommt im Laufe eines Menschenlebens nicht oft vor, dass wir eine solche Eruption sehen und noch seltener eine, die uns so nahe ist“, sagt Nova-Forscherin Rebekah Hounsell von der NASA. „Es ist unglaublich aufregend, jetzt quasi in der ersten Reihe zu sitzen.“
Aber warum sind diese Ereignisse so selten? Und wie kommt eine solche Explosion zustande?