Geologie/physische Geographie

…ein unendlicher Ablauf ohne Ende?

Kant und Hutton gegen Abraham Werner und das statische Weltbild

James Hutton © USGS

Wegeners Theorie setzte im Prinzip eine Entwicklung fort, die bereits im 18. Jahrhundert ihren Anfang genommen hatte: Bis zu diesem Zeitpunkt herrschte unangefochten das statische christliche Weltbild. Die Erde war in einem göttlichen Schöpfungsakt einmal erschaffen worden und blieb nun so wie sie war.

Zwar hatten Geologen zu diesem Zeitpunkt bereits erste Hinweise darauf gefunden, dass die Erde in der Vergangenheit wohl anders ausgesehen haben musste, als in der Gegenwart, doch diese erdgeschichtliche Entwicklung wurde als abgeschlossen angesehen. Auch der deutsche Geologe Abraham Gottlob Werner war der Meinung, die Erdgeschichte sei einmalig und unwiederholbar und habe nur das Ziel gehabt, den gegenwärtigen Zustand herzustellen.

Doch es gab erste Gegenstimmen. Der Philosoph Immanuel Kant schrieb 1755 in seiner „Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels“: „Die Schöpfung ist niemals vollendet. Sie hat zwar einmal angefangen, aber sie wird niemals aufhören. Sie ist immer geschäftig, mehr Auftritte der Natur, neue Dinge und neue Welten hervor zu bringen…“. Der englische Geologe und Naturforscher James Hutton vertrat eine ähnliche Auffassung: Er glaubte, Gott habe zwar die Welt nach seinem Bilde geschaffen, er habe aber nach der Schöpfung die Herrschaft an die Naturgesetze abgetreten. Diese, so Hutton, walteten und walten ziellos, die Gegenwart sei daher nur ein momentanes Bild im unendlichen Ablauf ohne Ende.

Inzwischen ist klar, dass Abraham Werner komplett falsch lag und Hutton recht hatte. Nichts desto trotz hatte Werner damit dennoch der Geowissenschaft einen großen Dienst erwiesen. Durch seine mit Vehemenz vertretenen Positionen sorgte er dafür, dass auch die Öffentlichkeit begann, die Bedeutung dieser noch relativ jungen Wissenschaft zu erkennen.

Sein Verdienst wird daher heute weniger in der von ihm vertretenen konkreten Theorie gesehen, als vielmehr in seinem Bestreben, neue Impulse in der Geoforschung publik zu machen. Denn, wie es Rüdiger Proske in seinem Buch „Geologie, die uns angeht“ beschreibt: „Der Anstoß zur Wahrheitsfindung ist nicht weniger wert als die Wahrheit selbst.“ Werner gilt darum noch heute als der Begründer der Geologie in Deutschland.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. 10
  22. |
  23. 11
  24. |
  25. 12
  26. |
  27. 13
  28. |
  29. 14
  30. |
  31. 15
  32. |
  33. 16
  34. |
  35. weiter


Stand: 20.01.2002

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Forschen am "System Erde"
Die Geowissenschaften im Wandel

Geo-Highlights
Geowissenschaften in Forschung und Alltag

Mit Blick zurück in die Zukunft...
Die Geowissenschaften im Wandel

Nur eine verschwommene Vorstellung...
Eine Wissenschaft auf der Suche nach ihrem Image

Der Prophet in eigenen Land...
Geowissenschaftliche Forschung in Deutschland

Globale Lösungen gesucht...
Deutsche Geowissenschaftler in internationalen Projekten

Durch den Dschungel der Fachdisziplinen
Geologen - die in der Erde buddeln...

Viel mehr als nur die Hauptstädte...
Was Geographen wirklich tun

"...endlich ein richtiger Beruf."
Der "Kleine Prinz" und der Geograf

Hightech und Natur vereint...
Geodäsie und Geoinformatik

Zu Lande...
Paläontologie - den Experimenten der Natur auf der Spur

...zu Wasser...
Ozeanographie und Hydrogeologie

...und in der Luft
Atmosphären- und Klimaforschung als Teil der Geowissenschaften

Alles fließt...
Die Entdeckung der Wandelbarkeit

...ein unendlicher Ablauf ohne Ende?
Kant und Hutton gegen Abraham Werner und das statische Weltbild

Kontinuierlich oder katastrophal?
Cuvier gegen Lyell

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema