Er gilt als größtes Wasser-gefülltes „Loch“ der Erde, als ebenso ungewöhnliches wie spektakuläres Naturphänomen, als Herausforderung für die Wissenschaft – und trotzdem liegt der Crveno Jezero in Dalmatien, der „Rote See“, noch immer im Dornröschenschlaf. Von einem Besucher-Ansturm wie an den Pyramiden von Gizeh, in Machu Picchu, der Inka-Stadt in den Wolken, oder gar dem Grand Canyon ist an der riesigen Einsturzdoline nahe der kroatischen Kleinstadt Imotski nichts zu spüren.
Aber nicht nur viele Touristen, auch viele Forscher lassen den Crveno Jezero „links liegen“. Zu groß sind der logistische und damit auch der finanzielle Aufwand, um eine Expedition in den Krater auf die Beine zu stellen. Kein Wunder, dass der Rote See längst nicht so gut untersucht ist, wie man es aufgrund seines atemberaubenden Aussehens und seiner ungewöhnlichen Geologie vermuten könnte.
Wahre Weltwunder
„Die schönsten und größten Einsturzdolinen der Welt liegen bei Imotzki, … Eine von ihnen, ein wahres Weltwunder, ist 500 Meter tief. Am Fuss ihrer 200 Meter hohen roten Wände liegt der 300 Meter tiefe rote See – kreisrund und leuchtend blau, wie ein versunkenes Stück Himmel“, wusste schon der Geologe Alfred Bögli in seinem 1976 erschienenen Buch der „Zauber der Höhlen“ zu berichten.
Heute, rund 30 Jahre später, hat der Rote See zwar nichts von seiner Faszination verloren, über die nüchternen Fakten zur Größe und Tiefe des Kraters hinaus ist jedoch nur wenig Genaues bekannt. Geowissenschaftler gehen davon aus, dass die Einsturzdoline vor rund zwei Millionen Jahren beim Kollaps eines verzweigten Höhlensystems – womöglich infolge eines Erdbebens – entstanden ist.