Obwohl der Klimawandel weiter voranschreitet, kommt der Ausbau der erneuerbaren Energien auch in Deutschland eher schleppend voran. Um trotzdem von fossilen Energieträgern loszukommen, scheint ein Aufschub des Atomausstiegs nach Ansicht einiger Menschen deshalb eine praktikable Zwischenlösung zu sein. Auch andere Länder, wie die USA oder Frankreich, wollen stärker auf Atomstrom setzen, um ihre Klimaziele zu erreichen.
Große Eintrittsbarrieren
Aktuell produzieren 30 Länder Atomstrom. Laut der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) interessieren sich aber mehr als zwei Dutzend weitere Staaten für die Nutzung der Kernkraft. Ein Problem hierbei: Die Voraussetzungen dafür sind bei weitem nicht in jeder Region gegeben. Das hängt damit zusammen, dass aktuell sehr große und anspruchsvolle Atommeiler gebaut werden. Sie nehmen nicht nur viel Platz ein, sondern benötigen auch eine stabile Infrastruktur, wie eine gesicherte Strom- und Wasserversorgung. Auch personell ist eine gewisse Expertise von Nöten, um die Sicherheit der Kraftwerke zu garantieren.
Neben all dem stellen die hohen Investitionskosten eine weitere Barriere dar. So wird das sich aktuell noch in Bau befindliche französische Atomkraftwerk in Flamanville voraussichtlich fast 20 Milliarden Euro kosten – obwohl anfangs nur drei Milliarden Euro veranschlagt wurden. Das britische AKW-Projekt Hinkley Point C wird aktuell auf knapp 27 Milliarden Euro geschätzt, was rund sechs Milliarden Euro über dem Kostenvoranschlag liegt.
Die Lösung aller Probleme?
All das soll mit den Small Modular Reactors (SMR) kein Problem mehr darstellen. Die Idee: Anstelle von wenigen großen Atomkraftwerken kommen viele kleine zum Einsatz. Diese liefern dann dezentral jeweils einen Bruchteil der Leistung und sind dadurch nicht nur standorttechnisch flexibler, sondern sollen auch mehr Sicherheit bieten. Das Grundkonzept ist dabei nicht neu: Bereits in den 1950er Jahren gab es die Idee, die Stromversorgung mit einem Netz aus Kleinreaktoren zu sichern – damals scheiterte es jedoch an der technischen Umsetzbarkeit.
Nach mehreren Versuchen, das Konzept wiederaufleben zu lassen, scheint es nun jedoch Realität zu werden. Aktuell werden rund 70 verschiedene Modelle von unterschiedlichen Herstellern entwickelt. Auch wenn im Moment noch kein kommerzieller SMR in Betrieb ist, befinden sich laut IAEO etwa 80 Projekte in der Planungs- oder Bauphase. Unter anderem in China wurden allerdings bereits Forschungsreaktoren in Betrieb genommen – die Serienreife soll bis 2030 erfolgen.
Kleine Leistung, große Stückzahl
Im Schnitt liefert ein solcher Kleinreaktor zwischen 100 und 300 Megawatt Leistung – es gibt aber auch Modelle, die 400 Megawatt oder nur 30 Megawatt bringen. Die größten Kernkraftwerke der Welt liefern dagegen bis zu 3.500 Megawatt, der Schnitt liegt aber eher bei 1.500 Megawatt Leistung. Grob überschlagen können also fünf bis sieben SMRs ein konventionelles Atomkraftwerk ersetzen.
Um die etwa 440 Kernkraftwerke, die aktuell weltweit in Betrieb sind, zu ersetzen und die Versorgung mit Atomstrom noch weiter auszubauen, müssten demnach also tausende von Kleinanlagen hergestellt werden. Das soll nach Angaben der Anbieter dieser Technologie aufgrund der Modularität der Konzepte allerdings kein Problem darstellen. Durch die geringe Größe der SMRs sollen sie in Fabriken am Fließband produziert, vor Ort zusammengebaut und schließlich an den Einsatzort transportiert werden können. Die Serienanfertigung soll dabei auch eine Wirtschaftlichkeit garantieren.
Neben den bereits verbreiteten Druckwasserreaktoren, die schlichtweg runterskaliert werden, stehen bei den SMRs vor allem natriumgekühlte und Flüssigsalz-Reaktoren im Fokus. Wie funktionieren diese Konzepte?