»Materieklau« ist eine weitverbreitete Unart im All; in engen Doppelsternsystemen fließt Masse von einer Komponente zur anderen. Es gibt da alle möglichen Übergänge. In einigen Fällen werden die Sterne durch die gegenseitigen Schwerkrafteinflüsse bereits deutlich verformt, bis zu ovalen und tropfenförmigen Gebilden.
Schließlich füllt die Materie das Roche-Grenzvolumen aus. Bei festen Körpern gibt die Roche-Grenze den Minimal-Abstand von einer Masse an, bis zu dem die Differenz der Gezeitenkräfte zwischen abgewandter und zugewandter Seite die Stabilität des Objektes noch nicht übersteigt. Bei weiterer Annäherung zerbirst es dann wegen der zu starken Scherkräfte. Bei den gasförmigen Sternen kommt es statt dessen zum Materiefluss.
Ob übertriebene Fürsorge oder Fressgierde bis zum Platzen, das ist sicher eine Frage des Standpunktes, wenn beispielsweise Materie von einem Begleitstern auf einen Weißen Zwerg stürzt, so lange, bis er eine andere kritische Grenze überschreitet, nämlich die 1,4-Sonnenmassen-Chandrasekhargrenze.
Für den Weißen Zwerg ist das dann der Augenblick, gleichsam den Löffel abzugeben und als Supernova vom Typ I zu explodieren. Solche Sterne strahlen kurzzeitig heller als eine ganze Galaxie. Und selbst bei den weniger spektakulären Novae, die von ähnlichen Prozessen gekennzeichnet sind, wird innerhalb von wenigen Wochen noch eine Energiemenge frei, die unsere Sonne erst in einer Zeitspanne von sage und schreibe 10.000 Jahren produziert.
Im Januar 2000 fanden Astronomen mit Hilfe der Very-Large-Telescope-Einheit 1, dem 8,2-Meter-Spiegel »Antu« in Chile, innerhalb von nur 11 Tagen in der 70 Millionen Lichtjahre entfernten, von Staub erfüllten Riesengalaxie NGC 1316 gleich vier solcher Novae. Das ist überraschend viel in kurzer Zeit. Diese Welteninsel scheint demzufolge mehr Sterne als unser System zu enthalten, um eine solche Rate von immerhin 100 Novae-Explosionen jedes Jahr erreichen zu können.
Stand: 07.07.2001