Es ist ein Projekt der Superlative: Inmitten des südamerikanischen Kontinents soll eine neue 3.500 Kilometer lange Wasserstraße entstehen, die ganzjährig schiffbar ist. Dazu müssen große Teile des zweitgrößten Fluss-Systems mit Strömen wie Parana und Paraguay umgebaut und künstlich angepasst werden. Einer der Leidtragenden des ebenso prestigeträchtigen wie ambitionierten Vorhabens: das Pantanal und seine Lebensadern.
Hinter der spektakulären Idee, die bereits in den 1980er Jahren aus der Taufe gehoben wurde, steckt ein internationaler Zusammenschluss der Staaten Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Zur Planung und Durchführung des Bauvorhabens gründeten sie damals sogar eigens ein Komitee das „Intergovernmental Committee on the Hidrovia“ (CIH).
Geologisches „Facelifting“…
Der ursprüngliche Plan sah vor, das Flussbett des Paraquay von der Stadt Caceres im Norden des Pantanals bis hinunter nach Argentinien auf eine Tiefe von mindestens drei Metern auszubaggern. Ähnliches sollte auch am Parana geschehen. Die Ingenieure wollten aber auch die bisher stark gewundenen Flussläufe mit schwerem Gerät begradigen, eindeichen und Felsen oder andere Hindernisse in den Flussbetten ganz einfach wegsprengen. Manche der an der Planung beteiligten brasilianischen Firmen schwärmten von einem geologischen „Facelifting“, das durch das so genannte Hidrovia-Projekt in die Wege geleitet werden könnte.
Nach Fertigstellung der künstlichen Wasserstraße sollten mächtige Frachter die neue Wasserautobahn hinauffahren und im Landesinneren Soja, Ethanol, Eisenerz oder Baumwolle abholen und nach Uruguay bringen. Ziel war es, die bisher enormen Transportkosten für die Güter auf die Hälfte zu senken. Von Uruguay aus, so die Planer, könnten die wertvollen Rohstoffe dann mit lukrativen Gewinnen nach Europa und Nordamerika weiter verkauft werden. Erste Machbarkeitsstudien verliefen positiv und bescheinigtem dem Vorhaben Wirtschaftlichkeit. Bis zur Umsetzung der Wasserstraße schien es nur eine Frage der Zeit zu sein.
…oder doch eine ökologische Katastrophe?
Da von Hidrovia aber auch der obere Abschnitt des Paraquay-Flusses und damit das Pantanal betroffen war, rief das Projekt schnell Wissenschaftler und Umweltschützer auf den Plan, darunter den Global Nature Fund, die brasilianische Umweltorganisation ECOTROPICA, aber auch den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Sie hielten das Projekt von Anfang an für eine ökologische Katastrophe und warnten vor einer Zerstörung des einzigartigen Lebensraums.
Für Beunruhigung unter den Kritikern sorgten nicht nur die Bauarbeiten mit schwerem Gerät, sondern auch der mit dem Ausbau verbundene Eingriff in den Wasserhaushalt der Region. Sie fürchteten nach Fertigstellung des Kanals einen viel schnelleren Wasserabfluss aus dem Pantanal in der Regenzeit und damit ein dauerhaftes Trockenlegen von großen Teilen des riesigen Feuchtgebiets. Die auf den regelmäßigen Flutpuls angewiesen besonders fragilen Lebensräume – so die Argumentation der Projektgegner – könnten dann verloren gehen.
Stand: 09.02.2007