Das Fehlen von Hämoglobin entsprang wahrscheinlich – so der heutige Wissensstand – einer einzigen Mutation, die den Globin-Gen-Komplex im Blut auslöschte. Diese Mutation wäre bei Fischen wärmerer Gewässer tödlich gewesen, denn eine typische tropische Fischart braucht bei 30 Grad sechsmal soviel Sauerstoff für ihren Standardstoffwechsel wie eine antarktische Fischart bei Null Grad. Der hohe Sauerstoffgehalt hochpolarer Gewässer ermöglichte dieser Mutation aber das Überleben und führte im Laufe der Evolution zu einer Weiterentwicklung des Ur-Eisfisches in elf Gattungen mit 15 Arten.
Im Unterschied zu anderen Fischarten besitzen die Eisfische zudem eine Reihe von physiologischen Besonderheiten, durch die sie den Verlust des Hämoglobins und die Fähigkeit, Sauerstoff im Blut chemisch zu binden, weitgehend kompensieren können. Zum einen besitzen sie einen niedrigeren Stoffwechsel als rotblütige Arten, ihr Herz schlägt langsamer, ist dafür aber größer und hat eine höhere Pumpleistung. Es ist in dieser Eigenschaft eher mit den Herzen von kleineren Säugetieren vergleichbar als mit einem „normalen“ Fischherz.
Auch die Menge des Blutes, die durch den Körper zirkuliert, ist deutlich größer als bei „normalen“ Fischen: zwei bis viermal mehr Flüssigkeit kursiert durch die im Durchschnitt auch größeren Adern. Dafür allerdings ist das Blut deutlich dünner und erlaubt damit auch ein schnelleres Fließen des Blutes. Insbesondere die Haut ist bei den Eisfischen stark durchblutet und trägt so dazu bei, auch über diese Oberfläche das Blut mit Sauerstoff anzureichern.
Stand: 20.07.2007