„Bohrstelle erreicht“ – wenn der Kapitän der JOIDES Resolution diese Meldung erhält, weiß er, dass von nun an auf seinem Schiff nicht mehr die Brücke das Sagen hat, sondern die Computer in einem kleinen vollgestopften Raum über der Brücke, dem „DP Shack“. Ab jetzt ist die JOIDES nicht mehr in erster Linie Schiff, sondern schwimmende Bohrinsel und Labor zugleich. Und damit beginnen die Herausforderungen für Technik und Besatzung.
Im Gegensatz zu fest am Meeresboden verankerten Bohrplattformen muss das Bohrschiff der ODP die geplante Bohrstelle erst einmal möglichst genau finden – schon 100 Meter von der eigentlichen Stelle entfernt können die geologischen Gegebenheiten des Meeresbodens schon wieder vollkommen andere sein. „Verrutscht“ eine Bohrung, ohne dass es Bohrcrew oder Besatzung bemerken, sind die wissenschaftlichen Ergebnisse unter Umständen erheblich verfälscht.
Um das zu verhindern, nutzt die JOIDES nicht nur das GPS-Navigationssystem, mit dem sie immerhin bis auf rund 20 Meter genau ihre Position bestimmen kann, sondern peilt zusätzlich auch russische Positionssatelliten an. Aus beiden Peilungen ermittelt die Besatzung die Position des Schiffs bis auf wenige Meter genau.
Einmal an der Bohrstelle angelangt, werfen Mitglieder der Besatzung kleine torpedoförmige Objekte über Bord – akustische Bojen. Sie sinken langsam auf den Meeresgrund und emittieren dort klickende Schallsignale, die von Unterwassermikrophonen an der Unterseite des Schiffs aufgefangen werden. Dadurch können die Bordcomputer der JOIDES jede kleinste Positionsveränderung des Schiffes sofort registrieren und mithilfe des so genannten „Dynamic Positioning Systems“ ausgleichen.
Verschiebt sich die Position der JOIDES während einer Bohrung, besteht sonst die Gefahr, dass der Bohrschaft bricht und im schlimmsten Falle der gesamte Bohrkopf unwiederbringlich im Meeresboden stecken bleibt. Bei einem Wert von rund einer halben Million Dollar keine sehr angenehme Aussicht. Deshalb sorgen zwölf starke Propeller, sechs an jeder Seite des Schiffs, dafür, dass jede Abweichung schnell korrigiert wird und das Schiff auch bei Strömung und Wind fast bewegungslos über der Bohrstelle liegt.
Doch nicht nur mit seitlichen Abweichungen, auch mit dem Wellengang hat die JOIDES bei einer Bohrung zu kämpfen: Wenn sich das Schiff an der Wasseroberfläche zeitweilig um bis zu fünf oder sechs Meter hebt oder senkt, muss sich der Bohrkopf, der mehrere Kilometer unterhalb des Schiffes im Meeresboden steckt, trotzdem mit gleichmäßigem Druck in das Sediment fressen. Um das zu erreichen, verstärkt oder schwächt ein 400-Tonnen schwerer Kompensator den Druck auf das Bohrkabel jeweils soweit, dass die Bewegungen des Schiffes ausgeglichen werden. Doch bevor es soweit ist und die Bohrung läuft, bleibt für die Besatzung noch jede Menge zu tun….
Stand: 14.09.2001