Inzwischen haben Paläontologen Millionen Fundstücke aus den Asphaltgruben von La Brea geborgen. Unter ihnen sind mehr als 230 verschiedene Wirbeltierarten, 234 Spezies von wirbellosen Tieren und 159 Pflanzenarten. Mit Abstand am häufigsten sind mit gut 4.000 Exemplaren der wolfsähnliche Canis dirus, gefolgt von der Säbelzahnkatze Smilodon mit gut 2.000 Exemplaren – nirgendwo sonst auf der Welt sind diese ausgestorbenen Eiszeit-Räuber in so großer Zahl konserviert. Aber auch unzählige Pumas, Luchse, Füchse, Riesenfaultiere, verschiedene Bären und Kojoten wurden in La Brea gefunden.
„Das Aufregendste daran ist die schiere Menge der Fossilien“, erklärt Robin O’Keefe vom Marshall College in West Virginia. „Statt nur Individuen zu studieren, können wir hier ganze Populationen untersuchen und erforschen, wie sie sich entwickelten.“ Der zähe Asphalt konservierte Raubtiere gemeinsam mit ihrer Beute, Jungtiere mit ihren Eltern, Wirbeltiere ebenso wie Wirbellose.
Wölfe und Säbelzahnkatzen jagten anders
So belegen die Fossilien von La Brea unter anderem, dass die Säbelzahnkatzen ihre kräftigen Vorderpranken nutzten, um ihre Beute zu packen und zu Boden zu reißen. Ihre langen Eckzähne kamen dagegen erst beim Tötungsbiss zum Einsatz, wie Verletzungsmuster an den Smilodon-Fossilien belegen. „Die Säbelzahnkatzen hatten fast keine Nacken- oder Kopfverletzungen, was darauf hindeutet, dass sie ihre kostbaren Zähne schützten“, berichtet Caitlin Brown von der University of California in Los Angeles. Dafür weisen die Fossilien dieser Großkatzen auffallend viele Schulterverletzungen auf.
Ganz anders bei dem wolfsartigen Canis dirus: „Die Dirus-Wölfe jagten in Rudeln und waren im Prinzip Gebisse auf Beinen“, so Brown. Sie bissen sich oft zu mehreren an ihrer Beute fest und zerrten sie so zu Boden. „Viele ihrer Verletzungen konzentrierten sich daher im Nackenbereich, sie wurden ihnen zugefügt, als sie von der um sich tretenden Beute mitgeschleift wurden“, erklärt die Paläontologin.
Und noch einen Unterschied zwischen eiszeitlichen Raubkatzen und Wölfen decken die La-Brea-Fossilien auf: Isotope im Zahnschmelz deuten darauf hin, dass zwar beide Raubtiergruppen große Pflanzenfresser jagten. Doch ihre Jagdgebiete unterschieden sich: „Die Katzen, darunter Säbelzahnkatzen, Amerikanische Löwen und Pumas, jagten Beute, die sich vorwiegend im Wald aufhielt“, berichtet Larisa de Santis von der Vanderbilt University. „Die Dirus-Wölfe dagegen spezialisierten sich auf Pflanzenfresser der offenen Landschaften wie Bisons und Pferde.“
Spezialisiert auf Mammut, Riesen-Bison und Co
Der Vergleich von Fossilfunden aus unterschiedlich alten Asphaltgruben liefert auch erste Hinweise auf eine der großen Fragen zur Eiszeitfauna: Warum starben ausgerechnet die einst so
häufigen und erfolgreichen Säbelzahnkatzen aus? Ein Faktor dafür war offenbar die Strategie, mit der diese Großkatzen auf das wärmer werdende Klima reagierten: „In den jüngsten Katzenfossilien sehen wir dickere und größere Kiefer – ein Indiz dafür, dass sie sich wahrscheinlich auf größere Beutetiere spezialisierten“, erklärt Julie Meachen von der Des Moines University. Neben den mehr als eine Tonne schweren Riesen-Bisons (Bison latifrons) mit ihren mehr als einen Meter langen Hörnern gehörten auch Präriemammuts und Mastodons zu ihrer Beute.
Doch als diese typischen Vertreter der eiszeitliche Megafauna vor gut 10.000 Jahren ausstarben, könnte dies auch für die auf diese Beute spezialisierten Säbelzahnkatzen das Ende bedeutet haben. „Es wurde für diese Großkatzen wahrscheinlich immer schwieriger Beute zu finden – insbesondere, wenn sie mit den Menschen konkurrierten“, erklärt de Santis. Pumas und Jaguare dagegen waren weniger stark spezialisiert und nahmen auch mit kleinerer Beute oder Aas vorlieb. Das könnte erklären, warum sie als einzige der früher sechs in Nordamerika heimischen Großkatzenarten bis heute überlebt haben.
Das Rätsel bleibt
Weshalb allerdings die meisten großen Pflanzenfresser der Eiszeit – und damit die Beutetiere der Säbelzahnkatzen – so plötzlich verschwanden, ist bis heute umstritten. Einige Forscher halten das Klima und den damit verbundenen Wandel der Vegetation für die Hauptursache, andere sehen die verstärkte Jagd durch den Menschen als Grund. Warum Mamut und Co tatsächlich verschwanden, bleibt jedoch vorerst ein Rätsel.
Doch möglicherweise könnten neue, bisher noch nicht untersuchte Funde in den Asphaltgruben von La Brea mehr Aufschluss geben…