Es geht um 800 Millionen Dollar und eine Grundsatzentscheidung. Wieder einmal. Und es geht um die strittige Frage, ob telefonieren mit einem Handy Krebs verursachen kann oder nicht. Während Experten in aller Welt noch versuchen, in unzähligen Studien und Gegenstudien eine Antwort auf diese Frage zu finden, ist die Sache für den Amerikaner Chris Newman längst klar: Der heute 41-jährige Neurologe macht die Strahlung seines Mobiltelefons für den bösartigen Tumor hinter seinem rechten Ohr verantwortlich.
Täglich mehrmals hat der Arzt das Handy benutzt, um für seine Patienten jederzeit erreichbar zu sein. Und – davon ist er überzeugt – genau dies macht ihn nun selbst zum Patienten. Darum klagt er jetzt von den Mobilfunkfirmen Motorola und Verizon Communications die stattliche Summe von 800 Millionen Dollar als Schmerzensgeld ein. Die Klage des amerikanischen Arztes ist bei weitem nicht die erste ihrer Art, doch vielleicht könnte sie die erste erfolgreiche werden.
Auch in Deutschland ist seit der milliardenschweren Versteigerung der UMTS-Lizenzen die Debatte über mögliche Gesundheitsfolgen von Handys wieder aufgeflammt. Während die Betreiber der Mobilfunknetze beruhigen und abwiegeln, fordern Umweltverbände und -organisationen neue unabhängige Studien und mehr Gelder für die Forschung. „Es besteht dringender Nachholbedarf!“, so charakterisiert Bernd Rainer Müller, Strahlenexperte der Umweltorganisation BUND, die Situation.
In der Tat scheint es so, als wenn die Erforschung der möglichen Auswirkungen der rasanten Entwicklung der Technik bei weitem hinterherhinkt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in den Industrieländern nutzt bereits Mobiltelefone, und ihre Zahl steigt weiter rapide. Nach Schätzungen der Telekommunikationsindustrie wird es im Jahr 2005 weltweit mindestens 1,6 Milliarden Handynutzer geben – und damit verknüpft steigt auch der Bedarf an leistungsfähigen Sendeanlagen. Schon heute stehen allein in Großbritannien mehr als 20.000 Basisstationen, in den USA sind es knapp 100.000.