Eines der bekanntesten Rätsel der Mathematik blieb mehrere Jahrhunderte ungelöst. Gesucht wurde ein fehlender Beweis…
„Dieser verdammte Franzose“ soll der englische Mathematiker John Wallis einmal verärgert ausgerufen haben, als wieder einmal ein Brief eintraf, in dem Fermat seine neuesten Sätze verkündete, ohne allerdings deren Beweise dazu zu schreiben. Vielmehr forderte er bekannte Mathematiker auf, sich den Beweis selber zu erarbeiten. Pierre de Fermat hatte mit Sicherheit Spaß an diesen Spielchen, viele Freunde machte er sich damit allerdings nicht.
Amateur-Mathematiker
Das Schlimmste dabei: Fermat war noch nicht einmal Mathematiker. Nur in seiner Freizeit beschäftigte er sich als Amateur mit mathematischen Problemen. Sein Geld hingegen verdiente er als Richter. Wenn er aber nicht gerade verurteilte oder freisprach, saß er an seinem Schreibtisch, vertieft in eine Ausgabe der Arithmetica, einem Lehrbuch der Zahlentheorie.
Den Satz des Pythagoras (a² + b² = c²) wird jeder noch aus der Schulzeit zumindest vage im Gedächtnis haben. Auch Fermat beschäftigte sich mit dieser Gleichung samt ihrem Beweis. Er erhöhte die Potenz um eins, die Gleichung lautete nun a³ + b³ = c³ und schien nun keine ganzzahlige Lösung mehr zu besitzen. Er probierte noch einige andere Potenzen aus und nie fand sich eine Lösung. Dies legte die Vermutung nahe, dass keine Potenz (außer 1 und 2) die Gleichung erfüllt, es also keine Lösung gibt für xn + yn = zn (mit n > 2). Nur ist in der Mathematik eine Vermutung alleine nutzlos. Was zählt, ist der Beweis.
Drei Jahrhunderte lang vergebliche Versuche
Zahlreiche Mathematiker versuchten daher, den fehlenden Beweis für Fermats Behauptung zu erbringen, doch ohne Erfolg. Drei Jahrhunderte lang zerbrachen sich die besten Mathematiker die Köpfe. Vergeblich. Nun hätten sie sich damit trösten können, dass es gar keinen Beweis gibt – so etwas kommt vor in der Mathematik – wäre da nicht diese Randnotiz in Fermats Ausgabe der Arithmetica: „Ich habe hierfür einen wahrhaft wunderbaren Beweis, doch ist dieser Rand hier zu schmal, um ihn zu fassen.“ Entweder also war Fermat ein Aufschneider und in Wirklichkeit hatte er gar keinen Beweis, oder aber dieser Amateur hatte etwas vollbracht, was Tausende von großen Mathematikern nach ihm zur Verzweiflung trieb.
Innerhalb der nächsten 300 Jahre geriet das Problem mal für eine Weile in Vergessenheit, mal war es wieder im Mittelpunkt des Interesses. So auch 1908, als die Universität von Göttingen den Wettbewerb um den Wolfskehl-Preis ausschrieb: 100.000 Mark für denjenigen, der den Beweis erbringt. Kurze Zeit darauf wurde die Universität mit Einsendungen überschwemmt, eine Lösung war aber nicht dabei. Früher oder später fand sich in jedem Beweis ein logischer Fehler.
The Last Problem
1963 betrat ein zehnjähriger Junge die Stadtbücherei von Cambridge. Er zog ein Buch aus dem Regal „The Last Problem“. Es handelte von einem mathematischen Problem, dass es schon seit dem siebzehnten Jahrhundert gab, aber niemand hatte eine Lösung gefunden. Mit Staunen betrachtete der Junge die Gleichung, die doch so einfach schien. Er beschloss, dass er dieses Problem eines Tages lösen werde. Der Junge hieß Andrew Wiles und er sollte Recht behalten.
30 Jahre später, auf einer Konferenz am Issac Newton Institute. Gerade schreibt Andrew Wiles vor einem vollbesetzten Hörsaal die letzten Zahlenkolonnen an die Tafel. Dann bricht der Beifall los. Das 350 Jahre alte Problem scheint gelöst. Zuvor hatte Wiles sich sieben lange Jahre zurückgezogen und beinahe ausschließlich an dem Beweis gearbeitet. Er verknüpfte zahlreiche Wissensgebiete der Mathematik, bewies weitere, damit zusammenhängende Vermutungen, ein 200 Seiten starkes Manuskript entstand.
Endlich: Der Beweis
Leicht hatte Wiles es danach allerdings nicht. Kurz nach seinem spektakulären Vortrag wurden die ersten Zweifel wach, es schien, als habe Andrew Wiles einen Denkfehler gemacht. Eine schreckliche Zeit lang sah es so aus, als werde der Beweis in sich zusammenfallen, aber 14 Monate harter Arbeit später war die Arbeit hieb- und stichfest. Andrew Wiles hatte geschafft, was er sich als Zehnjähriger vorgenommen hatte.
Ist also das Geheimnis um Fermats Beweis tatsächlich gelöst? Schließlich nutzte Wiles zahlreiche mathematische Methoden, die erst lange nach dem Tod von Fermat erfunden wurden. Hatte er dennoch bereits diese neuen Erkenntnisse der Mathematik angewandt? Oder hatte „dieser verdammte Franzose“ einen ganz anderen Weg gefunden, um die Gleichung zu beweisen? Aber warten wir noch ein paar hundert Jahre. Vielleicht kommt dann ein zweiter Andrew Wiles…
Stand: 12.04.2001