Raumfahrt

Eine Sache der Balance

Mond-Schwerkraft am Meeresgrund

Die Bilder der bizarr umherhüpfenden Apollo-Astronauten demonstrierten es sehr deutlich: Auf dem Mond, dem Mars und erst recht auf Asteroiden herrschen andere Druck- und Schwerkraft-Bedingungen als auf der Erde. So wogen die Astronauten auf dem Mond nur ein Sechstel ihres irdischen Gewichts. Trotz ihrer klobigen Anzüge konnten sie daher geradezu übermenschliche Sprünge machen.

Ausrüstung verladen unter simulierten Mondbedingungen: Was geht, was geht nicht? © NASA/ NEEMO

Zwischen Abheben und Umfallen

Jede Bewegung und jede Kraftanstrengung hat daher auf einem fremden Himmelskörper auch ganz andere Folgen als auf der Erde. Ein Schwung, den wir hier locker ausgleichen können, kann uns auf dem Mond oder Mars komplett aus dem Gleichgewicht bringen und stürzen lassen. Aber auch Technik und Ausrüstung reagieren unter solchen Bedingungen möglicherweise anders. Genau dies lässt sich bei den NEEMO-Missionen testen.

Die Tücke liegt im Detail: Ist die Schwerkraft verringert, dann kann selbst etwas so Alltägliches wie das Besteigen einer Leiter oder das Wiederaufstehen nach einem Sturz zu einer unlösbaren Aufgabe werden. „Ist das Gewicht der Lebenserhaltungssysteme in einem Raumanzug falsch verteilt, dann liegt ein Astronaut wie eine Schildkröte auf dem Rücken und kommt nicht wieder hoch“, erklärt die NASA. „Das kann sein Leben und die gesamte Mission gefährden.“

Verknäulte Leitung

Bei den NEEMO-Missionen wird diese Balance mithilfe spezieller Auftriebsregulatoren getestet. Sie lassen sich an den Tauchanzügen so einstellen, dass sie genau der Schwerkraft auf dem Mond, Mars oder einem Asteroiden entsprechen. Das kann zu ganz unerwarteten Problemen führen: Wie beispielsweise übt man genügend Druck auf einen Bohrer aus, wenn man selbst scheinbar kaum Gewicht hat? Und wie balanciere ich einen verletzten Kollegen oder eine klobige Last, ohne dass ich selbst das Gleichgewicht verliere?

Zieht ein Astronaut seine Versorgungsleitungen hinter sich her, dann kann sich diese "Nabelschnur" bei verringerter Schwerkraft besonders stark verknäulen. © NASA/ NEEMO

Als einer der Aquanauten bei einem Außeneinsatz ein Erkundungsfahrzeug testete, zog er dabei ein Versorgungskabel hinter sich her – und bekam prompt Schwierigkeiten: „Es ist erstaunlich, wie sehr sich eine 100 Meter lange Versorgungsleitung verknäulen kann“, erzählt er hinterher. „Ohne die volle Schwerkraft ist es gar nicht zu einfach wieder zu entwirren – und das ist etwas, das uns auf dem Mond gut passieren kann.“

Genau dies aber ist es, das die NEEMO-Missionen so wertvoll macht: Astronauten trainieren hier nicht nur Routineaufgaben, sondern auch die Reaktion auf unerwartete Probleme. Wie später im Weltraum müssen sie dabei zu kreativen Lösungen greifen und mit den beschränkten Mitteln improvisieren, die ihnen zur Verfügung stehen.

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Nadja Podbregar
Stand: 30.06.2017

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

NEEMO: Astronauten auf Tauchgang
Eine Analog-Mission am Meeresgrund

Generalprobe fürs All
Wozu sind Analog-Missionen gut?

Raumstation unter Wasser
NEEMO und das Aquarius-Habitat

Marsgefühl unter Wasser
Die Tücken der "Weltraum"-Kommunikation

Eine Sache der Balance
Mond-Schwerkraft am Meeresgrund

Unter Druck
Herausforderungen für Technik und Psyche

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