Kaum zu glauben, aber wahr: 90 Prozent der Wirbeltiere Madagaskars sind endemisch, das heißt, es gibt sie nur hier. Doch nicht nur die große Artenvielfalt beeindruckt, auch das Fehlen vieler, ansonsten weltweit verbreiteter Arten. So gibt es auf Madagaskar weder Elefanten, Antilopen, Giraffen, Affen oder Raubkatzen – alles Tiere, die auf dem afrikanischen Kontinent ihre Heimat haben. Sogar Spechte und Giftschlangen sucht man hier vergeblich.
Die madagassische Tierwelt ist auf ihre Art vielfältig, faszinierend und geheimnisvoll. Sie ist weder Afrika noch Asien. Grund für die einzigartige Tierwelt ist die Insellage. Doch dies war nicht immer so: Bis vor 165 Millionen Jahren gehörte Madagaskar zum Südkontinent Gondwana. Erst nach dem Abdriften der heutigen Insel, begann die eigenständige Entwicklung der Tierwelt. In der Zeit der kompletten Isolation entstand die äußerst vielfältige Fauna.
Ein sensationeller Dinosaurierfund auf Madagaskar hat dazu beigetragen, die Kontinentalverschiebung und ihre Bedeutung für die Tierwelt zu bestätigen. Der fast vollständig erhaltene Schädel des großen Raubsauriers – eines Verwandten des Tyrannosaurus Rex – gilt als ein Prachtstück unter den Fossilien. Der Raubsaurier Majungatholus gehört zu einer Gruppe spezieller Saurier, die außerhalb Madagaskars nur aus Indien und Südamerika bekannt sind. Offenbar breiteten sie sich in diesen Regionen aus, bevor Gondwana zur Blütezeit der Dinosaurierära schließlich langsam auseinanderbrach.
Die bekanntesten Endemiten Madagaskars sind ohne Zweifel die Lemuren. Die fehlende Konkurrenz höherer Primaten ermöglichte den Halbaffen eine vielfältige Entwicklung, wie sonst nirgends auf der Erde. Heute leben noch 46 Arten auf der Insel, doch vor der Besiedelung durch den Menschen war der Artenreichtum der Primaten noch größer. Ausgestorben ist inzwischen beispielsweise der Riesenlemur Megaladapsis. Er war so groß wie ein Mensch. Sein Schicksal besiegelte vermutlich der gute Geschmack seines Fleisches… Indri – eine Halbaffen-Art, die nur auf Madagaskar lebt – ist heute der größte aller Halbaffen.