Autismus ist eine neurologische Entwicklungsstörung mit vielen Gesichtern: Je nach Ausprägung und Intensität reicht das Spektrum der Symptome von Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion über eine Überempfindsamkeit für Sinnesreize und motorische Probleme bis hin zu Beeinträchtigungen des Sprachvermögens und geistiger Behinderung.
Schwere und leichte Formen
Besonders schwere Formen des Autismus manifestieren sich typischerweise in der ganz frühen Kindheit. Betroffene dieses sogenannten frühkindlichen Autismus oder Kanner-Syndroms zeigen nicht nur die sozialen Auffälligkeiten und stereotypen Verhaltensweisen, die Außenstehende oftmals mit der Entwicklungsstörung verbinden. Manche von ihnen lernen möglicherweise sogar niemals richtig sprechen, sind kognitiv deutlich eingeschränkt oder müssen lebenslang Windeln tragen.
Solche drastischen Entwicklungsrückstände zeigen sich bei Menschen mit Asperger-Syndrom dagegen nicht. Diese Spielart der autistischen Störung ist vor allem durch Schwierigkeiten im sozialen Miteinander gekennzeichnet, die etwa ab dem dritten oder vierten Lebensjahr erkennbar werden. Personen mit Asperger haben häufig Probleme zu verstehen, was ihre Mitmenschen denken und was sie bewegt. Soziale Zeichen wie Mimik und Gestik sagen ihnen wenig und es fällt ihnen schwer, „zwischen den Zeilen“ zu lesen.
Besondere Inselbegabungen
Im Alltag führt dies häufig dazu, dass sich Autisten teilnahmslos oder „unpassend“ verhalten und dadurch Konflikte entstehen. Hinzu kommt, dass viele Betroffene dazu neigen, stoisch an Verhaltensritualen festzuhalten und keine Abweichungen von diesen zu dulden. Manche fragen auch unermüdlich nach kleinsten Details, um Situationen und Abläufe zu verstehen – ein Verhalten, das von Außenstehenden als überaus anstrengend empfunden werden kann.
Den defizitären sozialen Fähigkeiten stehen bei manchen Autisten ganz besondere Talente in anderen Bereichen gegenüber. Menschen mit Asperger können wegen ihrer ungewöhnlichen Denkweise und Sicht auf die Welt gesuchte Spezialisten sein oder über Inselbegabungen verfügen – zum Beispiel im Bereich von Gedächtnis und Zahlen wie im Film „Rain Man“ mit Dustin Hoffmann.
Facettenreiches Phänomen
Neben den beiden häufigen Formen Asperger und Kanner unterscheiden Mediziner mit dem sogenannten atypischen Autismus noch einen dritten Typ dieser Entwicklungsstörung. Zunehmend zeichnet sich jedoch ab, dass Autismus überaus facettenreich ist und es eine Vielzahl von Übergangsformen zu geben scheint. Der offizielle Oberbegriff Autismus-Spektrum-Störungen versucht diese Vielschichtigkeit und Komplexität deutlich zu machen.