„…Tiefsttemperaturen heute nacht fünf Grad, gefühlte Temperatur minus zehn….“ – Immer häufiger spiegeln sich im Wetterbericht nicht nur die „harten Klimafakten“ sondern auch das subjektive Klimaempfinden wieder: Die so genannte gefühlte Temperatur, die seit einigen Jahren manchmal mit angegeben wird, ist per Definition ein Maß für die „thermische Beanspruchung des Menschen in seiner atmosphärischen Umgebung“.
Im Gegensatz zur normalen, am Thermometer ablesbaren Temperatur berücksichtigt sie, dass eine ganze Reihe von Faktoren wie Temperatur, Wind, Feuchte, Sonneneinstrahlung, aber auch Bekleidung und Aktivität des Menschen unser subjektives Temperaturempfinden beeinflussen.
Auch sie beruht nicht auf einfachen Messungen oder Schätzungen, sondern auf einem berechneten Modell. Dieses tut im Prinzip nichts anderes, als die tatsächlich vorgefundenen Bedingungen mit der Temperatur zu vergleichen, die bei Standardbedingungen herrschen müsste, um bei einem Menschen das gleiche Wärme- oder Kältegefühl hervorzurufen.
Klima-Michel als Durchschnitts-Deutscher
Weil aber zusätzlich zu den äußeren Faktoren auch individuelle Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Körperform die Wärmeabgabe eines Menschen beeinflussen, musste auch dafür ein Standard gefunden werden, der „Klima-Michel“. In dem vom Medizin-Meteorologen Gerd Jendritzky weiterentwickelten Modell ist dieser „Durchschnitts-Deutsche“ 1.75 Meter groß, männlich und 75 Kilo schwer. Für ihn passen die vom Modell berechneten „gefühlten“ Temperaturen recht gut, wer allerdings weiblich, kleiner oder erheblich leichter ist, hat Pech gehabt…
Sinnvoll oder nicht?
Unter anderem deswegen ist die Angabe der gefühlten Temperatur in der täglichen Wettervorhersage nicht unumstritten. DWD-Experte Uwe Wesp dazu: „Die Sache mit der gefühlten Temperatur ist schlichter Unfug. Jeder weiß doch, dass der Wind in der Regel nicht gleichmäßig weht. Die gefühlte Temperatur schwankt also ständig beträchtlich.“ Doch Widerspruch dagegen kommt sogar aus dem eigenen Haus: Sein DWD-Kollege Gerd Jendritzky sieht in der Angabe dieser subjektiven Größe trotz zwangsläufiger Unschärfe einen sinnvollen Service: „Das ist für den Bürger einfach eine Information, wie er sich anziehen soll, wenn er plant rauszugehen. Er hat ja in der Regel nur die Lufttemperatur und die gefühlte Temperatur kann sehr deutlich davon abweichen.“
Stand: 16.04.2004