Wie schafft man es, das CO2 aus einem Gemisch verschiedener anderer Gase abzutrennen? Diese Frage ist für das Carbon-Capture zentral – und bestimmt zu einem nicht geringen Maße auch die Kosten für diese Abscheidung des Treibhausgases.
Je höher der CO2-Gehalt, desto einfacher
Am einfachsten ist die CO2-Abscheidung bei Fabriken, die Ethanol oder Ammoniak herstellen, und in der Erdgasaufbereitung. Denn hier ist das Gas mit wenig anderen Komponenten gemischt und sein Anteil im Abgas liegt typischerweise bei mehr als 80 Prozent. Im einfachsten Fall reicht es diesem Fall aus, das CO2 durch physikalische Methoden abzuscheiden – beispielsweise durch cryogenische Destillation, bei der die Gase durch „Ausfrieren“ auf Basis ihres unterschiedlichen Kondensationsverhaltens getrennt werden.
In der Öl- und Gasindustrie sind Verfahren der CO2-Abscheidung schon seit den 1970er Jahren gängig – mit Klimaschutz hat das allerdings nichts zu tun. Denn das Carbon-Capture ist hier eine ganz praktische Notwendigkeit. Zum einen dient es dazu, das Methan aufzureinigen, in dem der CO2-Anteil des geförderten Gases vor der Weiterleitung gesenkt wird. Zum anderen wird CO2-Gas benötigt, um im Untergrund verbleibendes Erdgas zu verdrängen und auszutreiben.
Die Methode der Wahl für diese CO2-Abscheidung ist meist die Aminwäsche, beispielsweise mit Monoethanolamin (C2H7NO). Bei diesem schon 1930 patentierten Trennprinzip strömt das zu reinigende Gas unter erhöhtem Druck durch einen Behälter, in den fein verteilte Tröpfchen des Amin-Absorbers eingesprüht werden. Das CO2 löst sich erst im Wasser und wird dann durch eine chemische Reaktion mit Monoethanolamin gebunden. Das restliche Gas – beispielsweise Methan – ist dadurch gereinigt.
Im zweiten Schritt wird die mit gebundenem CO2 beladene Aminlösung erhitzt und unter niedrigerem Druck dekomprimiert. Dies begünstigt die Gegenreaktion, bei der das CO2 wieder frei wird und weiterverarbeitet oder gespeichert werden kann. Das Amin kann ebenfalls abgeleitet und erneut zur Wäsche genutzt werden – der Kreislauf ist geschlossen.
Mithilfe einer solchen Aminwäsche trennt unter anderem das Sleipner-Projekt vor der norwegischen Küste CO2 vom geförderten Erdgas ab und leitet es in eine unterseeische Salzformation. Das 1996 begonnene Projekt zur CO2-Abscheidung und -speicherung (CCS) hat inzwischen mehr als 16 Millionen Tonnen CO2 auf diese Weise isoliert und gespeichert.
Schwieriger bei Rauchgas
Das Problem jedoch: Die Aminwäsche eignet sich zwar gut für vergleichsweise saubere Abgase mit hohen CO2-Anteilen. Aber das Rauchgas der meisten Industrieanlagen und Kraftwerke entspricht diesen Vorgaben nicht, weil es relativ viele Stickoxide (NOx) und schwefelhaltige Gase (SOx) enthält. Diese Gase und auch Sauerstoff reagieren mit dem Amin und mindern so die Effizienz der CO2-Bindung. Zudem geht dadurch ständig Absorber verloren und muss ersetzt werden. Soll dies verhindert werden, muss das Abgas erst entschwefelt und von Stickoxiden gereinigt werden, bevor das Carbon-Capture greift.
Hinzu kommt, dass die Abscheidung umso energiehungriger und teurer wird, je weniger CO2 im Ausgangsgas enthalten ist. Beim hochkonzentriertem Abgas wie in der Erdgasaufbereitung liegen die Kosten nach Schätzungen der International Energy Agency (IEA) bei nur rund 15 bis 25 US-Dollar pro Tonne abgeschiedenem CO2. Beim Rauchgas der Zement- oder Stahlindustrie kann dies bis auf 120 US-Dollar pro Tonne CO2 ansteigen, weil deren Abgase „nur“ rund 15 bis 30 Prozent CO2 enthalten.
Noch teuer ist das Ganze für die stark „verdünnten“ Gasströme von Kraftwerken: Sie enthalten typischerweise weniger als 15 Prozent CO2. Um dieses Gas möglichst vollständig aus dem Gemisch abzutrennen, muss die selektive Absorption deutlich erhöht werden und auch die Desorption des CO2 vom Amin-Lösungsmittel wird energieaufwendiger. Bisherigen Tests zufolge senkt diese Form des Carbon-Capture den Wirkungsgrad von Kraftwerken dadurch um bis zu 15 Prozent.
Es ist daher wenig verwunderlich, dass es weltweit nur zwei größere kommerzielle Kraftwerke gibt, die CO2 im Routinebetrieb abscheiden. Eines davon ist das Braunkohle-Kraftwerk Boundary Dam im kanadischen Saskatschewan, das 2014 eine seiner vier Einheiten mit einer Aminwäscheanlage für das CCS ergänzte. Sie soll bis zu einer Million Tonnen CO2 pro Jahr abgeschieden haben. Allerdings erwies sich die Anlage als pannenanfällig und wenig rentabel, so dass die Betreiber inzwischen angekündigt haben, ihre restlichen Einheiten nicht auf gleiche Weise umzurüsten.
In Deutschland haben mehre Kraftwerke schon vor rund zehn Jahren mit Pilotanlagen zur Post-Combustion-Abscheidung experimentiert. Die meisten dieser Aminwäsche-Testanlagen sind allerdings nicht mehr in Betrieb. Einzige Ausnahme ist das Braunkohle-Kraftwerk Niederaußem, das seit 2009 an einem Kraftwerkblock einen Teil des CO2 mittels Aminwäsche abscheidet. Dabei werden verschiedene Amin-Lösungen auf ihre Eignung und Effizienz getestet. Einige Varianten sollen bereits einen um 20 Prozent niedrigeren Energieaufwand erzielt haben als die klassische Aminwäsche mit Monoethanolamin.