Auch wenn das Grundwasser von mehr oder weniger mächtigen Boden- und Deckschichten überlagert und abgeschirmt wird, ist es nicht hermetisch abgeschlossen. Mit dem zu ihm hinabsickernden Regenwasser dringen auch Substanzen und Schadstoffe von der Oberfläche in die Aquifere vor. Die Folge: Das so wichtige Grundwasser wird verunreinigt.
Gestein, pH-Wert und Flächennutzung
Welche Stoffe das sind und wie viel davon, hängt allerdings von einer ganzen Reihe verschiedener Faktoren ab. Denn Wechselwirkungen zwischen dem Niederschlagswasser und den durchflossenen Boden- und Gesteinsschichten beeinflussen, was bis zum Grundwasser durchdringt. Wichtige Faktoren dafür sind neben der mineralogischen Zusammensetzung der Gesteine auch der pH-Wert des Wassers und seine Aufenthaltsdauer im Untergrund. Schon allein deshalb kann die Grundwasserbeschaffenheit in Deutschland regional sehr stark variieren.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist auch die Menge der eingetragenen Schadstoffe und Verunreinigungen. Das wiederum hängt stark davon ab, was sich an der Oberfläche befindet: Liegt dort ein stark vom Menschen geprägtes Gebiet wie eine Großstadt oder Siedlung, ein Industriegebiet oder ein ausgedehntes Areal von Feldern? Oder liegt das Aquifer unter einem Naturschutzgebiet oder Wald, in dem es kaum menschliche Eingriffe oder Einträge gibt?
Das Gülle-Problem
In Deutschland sorgt vor allem die Landwirtschaft für Ärger: Pflanzenschutzmittel, Dünger und Gülle sickern in den Boden und gelangen so über kurz oder lang auch in das Grundwasser. Das größte Problem ist dabei momentan das Nitrat. Weil zu viel Gülle und Düngemittel auf die Felder gebracht werden, können die Pflanzen nur einen Teil der darin enthaltenen Stickstoffverbindungen aufnehmen. Der Rest verbleibt im Boden und wird langsam in den tieferen Untergrund und ins Grundwasser verlagert.
Als Grenzwert für unbelastetes beziehungsweise nur geringfügig belastetes Grundwasser gelten Werte zwischen 0 und 10 Milligramm pro Liter (mg/l) Nitrat. Enthält Grundwasser mehr Nitrat, darf es nicht mehr direkt für die Trinkwassergewinnung genutzt werden. Denn Nitrat kann im Körper vor allem von Säuglingen und Kleinkindern in Nitrit umgewandelt werden. Dieses kann unter bestimmten Bedingungen mit dem Blutfarbstoffs Hämoglobin reagieren, wodurch dieser weniger Sauerstoff aufnehmen kann. Außerdem kann Nitrat über Nitrit auch in krebserregende Nitrosamine umgewandelt werden – ein zu hoher Nitratwert im Trinkwasser gilt daher auch für Erwachsene als potenziell gesundheitsschädlich.
Zu viel Nitrat – und das seit Jahren
Daten des repräsentativen EUA-Grundwassermessnetzes in Deutschland zeigen, dass die Nitratgehalte bei rund 18 Prozent der bundesweiten Messstellen über dem Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter liegen. Betrachtet man Messtellen, die im Einzugsgebiet vieler landwirtschaftlicher Nutzflächen liegen, wird der Grenzwert sogar bei 28 Prozent überschritten.
Weil die Nitratwerte schon seit Jahren zu hoch sind und es kaum Anzeichen für eine signifikante Besserung gab, hat die EU inzwischen sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland angeregt – wegen Nichtumsetzung der europäischen Nitratrichtlinie. Im Urteil dazu von 21. Juni 2018 heißt es dazu unter anderem: „Die Kommission wirft der Bundesrepublik Deutschland vor, sie habe keine zusätzlichen Maßnahmen oder verstärkten Aktionen getroffen, obwohl spätestens mit der Übermittlung des fünften Berichts am 4. Juli 2012 deutlich geworden sei, dass die Maßnahmen des deutschen Aktionsprogramms zur Verwirklichung der Ziele der Richtlinie nicht ausreichten.“
Zwar hat die Bunderegierung im Jahr 2017 eine Novelle der Düngeverordnung beschlossen, aber auch diese behebt die Mängel in der Düngepraxis bisher nur zum Teil, wie auch das Umweltbundesamt (UBA) einräumt. „Die Forderungen der Kommission sind nicht komplett umgesetzt und bei fünf von sechs Teilen der Rüge 2 gibt es nach wie vor Defizite“, heißt es auf der UBA-Website.
Geht der Eintrag von Nitrat ins Grundwasser so weiter, könnte dies auch für viele Verbraucher erhebliche Folgen haben. Denn um die Trinkwasser-Grenzwerte einzuhalten, muss das Nitrat in den besonders belasteten Gebieten aufwändig aus dem Grundwasser entfernt werden – und das macht die Trinkwassergewinnung teurer. Die Wasserpreise könnte dadurch in belasteten Gebieten um 32 bis 45 Prozent steigen, wie das UBA ermittelt hat.
Nadja Podbregar
Stand: 05.10.2018