Stress ist heute allgegenwärtig: Viele von uns stehen ständig unter Zeitdruck, das tägliche Arbeitspensum ist kaum zu schaffen, von anderen Alltagspflichten wie Einkaufen, dem Versorgen von Kindern oder der vom Arzt angemahnten Sportdosis ganz zu schweigen. Andere haben keine Arbeit oder sind chronisch krank und auch dies verursacht Stress. Sie machen sich Sorgen über ihre finanzielle Situation, ob das Geld auch im nächsten Monat noch für die Miete reicht oder die teuren Medikamente. Und auch Beziehungen – oder deren Mangel – gehören heute zu den häufigsten Stressfaktoren.
Einsamkeit macht krank
All dies bleibt nicht ohne Folgen für unsere Gesundheit. Welche Wirkung beispielsweise Einsamkeit auf unseren Organismus hat, haben US-amerikanische Forscher erst im Januar 2013 belegt. Sie fanden heraus, dass das Immunsystem von Menschen, die sich einsam fühlen, sensibler auf akuten Stress reagiert. In ihrem Blut kursieren mehr Entzündungs-Botenstoffe, sie sind schmerzempfindlicher und leiden häufiger unter Erschöpfung als sozial gut integrierte Menschen. Und auch die Abwehr gegen krankmachende Keime ist bei einsamen Menschen geschwächt: Tragen sie latente Herpesviren im Körper, werden diese häufiger aktiv und verursachen die typischen juckenden Lippenbläschen. „Einsamkeit entspricht damit in vielen Dingen einem chronischen Stressfaktor“, erklärt Studienleiterin Lisa Jaremka von der Ohio State University.
Herzinfarkt durch Arbeitsstress
Manifeste gesundheitliche Auswirkungen haben Forscher auch längst beim klassischen Arbeitsstress nachgewiesen. 2012 ergab eine europäische Studie an fast 200.000 berufstätigen Frauen und Männern, dass starke psychische Belastungen im Beruf das Herzinfarktrisiko messbar erhöhen. Wer im Beruf extrem eingespannt ist und kaum über Arbeitsabläufe mitentscheiden kann, hat demnach eine 23 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, eine Herzattacke zu erleiden. Selbst wenn man Alter, Geschlecht, Einkommensverhältnisse und Risikofaktoren wie Rauchen oder Übergewicht mit einbezieht, bleibt dieses erhöhte Risiko bestehen, wie die Forscher herausfanden.
Das anhaltende Bombardement mit Stresshormonen schädigt aber nicht nur unseren Körper, es tut auch unserem Gehirn nicht gut: In Versuchen an Ratten haben Forscher beobachtet, dass chronischer Stress bestimmte Andockstellen im Stirnhirn ausdünnt. Dadurch wird ein wichtiges Zentrum des Kurzzeitgedächtnisses, der sogenannte präfrontale Cortex, unempfindlicher gegenüber dem anregenden Hirnbotenstoff Glutamat. Die Folge: Die dauergestressten Ratten hatten messbare Gedächtnis- und Aufmerksamkeits-Störungen. Nach Ansicht der Wissenschaftler lässt sich dieser Befund durchaus auf uns Menschen übertragen. Mit anderen Worten: Stress macht uns nicht nur zerstreut und fahrig, sondern auch vergesslicher.
Nadja Podbregar
Stand: 25.01.2013