Das World Trade Center stürzt zusammen. Sobald das Ausmaß der Katastrophe klar wird, klingelt das Telefon vom Robin Murphy: Der Alarm zum ersten offiziellen Einsatz von Rettungsrobotern. Mit ihren Kollegen Jenn Casper, Mark Micire and Brian Minten macht sich Robin Murphy auf den schnellsten Weg nach New York. Im Gepäck sind 17 Spezial-Roboter des Center for Robot-Assisted Search and Rescue (CRASAR), die auf der Suche nach Überlebenden die Hilfskräfte unterstützen sollen. Nachdem die Roboterspezialisten am Newburgh Flughafen mit Atemmasken und Schutzanzügen ausgestattet wurden, erreichen sie mit Sonderfahrzeugen knapp 24 Stunden nach dem Zusammensturz der Bürotürme das Katastrophengebiet.
Einsatz unter Feuerwehrkommando
Von den Gebäuden sind nur noch riesige Schutthaufen übrig. Das Gerippe der Stahlträger ragt weit aus dem Schutt von zerbrochenen Betonplatten, verbogenem Metall und zermalmten Beton heraus. Die Erfahrung aus anderen Testeinsätzen der Roboter sagt Murphy, dass auch die Chance, mit Robotern hier noch Überlebende zu finden, schlecht steht. Trotzdem gliedert sich das Roboter-Team direkt in die Rettungs-Maschinerie ein. Unter dem Kommando der New Yorker Feuerwehr verteilen sich die Wissenschaftler mit den Robotern auf verschiedene Teams.
Der Einsatz der Roboter beginnt dort, wo die Feuerwehr nicht mehr weiter weiß: Faustgroße Betonstücke sind hier bereits aus der Wand geplatzt, die Erschütterung hat lange Risse durch die Decke gezogen und langsam droht das Stockwerk einzustürzen. Eine zu große Gefahr, um Rettungskräfte nur auf Verdacht nach Überlebenden suchen zu lassen, entscheidet die Leitstelle. Mit einer Kamera am Teleskopstock, können sie zwar in den Raum schauen, aber nur knapp zwei Meter weit. Per Funk fordert der Einsatzleiter daher sofort einen der Schuhkarton-großen „Micro“-Roboter von CRASAR an.
Blick in unzugängliche Bereiche
Murphy macht sich an die Arbeit: Die Operating Control Unit für die Betreuer des Roboters ist schnell aufgebaut. An Monitoren überwachen und steuern sie von dort jede Bewegung des kleinen Hightech-Helfers, der für den Datenverkehr und seine Energieversorgung ein gut 30 Meter langes Kabel hinter sich her zieht. Auf dem Monitor flackert das Bild seiner Video-Augen auf: Es geht los. Zusätzlich mit Wärmebildkamera, Licht und Funkgerät ausgestattet, rollt er langsam durch das Stockwerk auf der Suche nach Überlebenden. Größere Hindernisse umsteuert der Betreuer. Wenn sich dabei der Kettenantrieb „Micro“ über kleineres Geröll hinweg schiebt, stellt sich das Videobild schief. Die Einsatzleiter besprechen sich ständig, damit sie auf den schwankenden, dunklen Bildschirmdarstellungen nicht die Orientierung verlieren oder einen entscheidenden Hinweis übersehen.
Ein rotes Kleidungsstück etwa, das sich deutlich gegen die grauen Trümmer abhebt. Das CRASAR-Team ist sich sofort sicher, dass es ein Mensch ist. Doch die Wärmebildkamera zeigt keinen roten Temperaturschatten, das Opfer ist bereits seit längerer Zeit tot. Die Betreuer verzeichnen auf der elektronischen Karte des Roboters genau die Position der Leiche, damit sie eventuell später geborgen werden kann.
Wenn Hund und Mensch aufgeben müssen…
Noch suchen alle Rettungskräfte in den Trümmern nach Überlebenden. Doch das Geröll liegt so dicht aufeinander, dass die Feuerwehrmänner in die Spalten und Röhren nur hinein spähen können. Auch die ausgebildeten Spürhunde kommen kaum zum Zuge: Schon am ersten Tag setzt der dichte Staub ihre feinen Nasen außer Gefecht und der Regen in den Tagen darauf reduziert ihren Geruchssinn auf etwa eine Armlänge. Dabei müssen die Tiere in den Hohlräumen der Trümmer schon nach knapp einem Meter umkehren, weil sie keine Luft mehr bekommen.
Zwar stört der Staub auch einige der Roboter-Sensoren, doch mit ihren Kameras suchen sie bis zu 30 Meter weit in chaotisch verzweigten Schutttunneln. Während ihrer fünf Einsätze entdecken die Rettungsroboter fünf Leichen und mehrere sterbliche Überreste. Robin Murphy hätte sich eine bessere Erfolgsbilanz gewünscht, doch er ist zufrieden, dass die Roboter ihre Nützlichkeit unter Beweis gestellt haben: „Die Roboter waren an Plätzen, wo weder ein Helfer noch ein Hund hingekommen ist.“
Die Liste mit Verbesserungsideen ist nach dem ersten Einsatz lang: Als erstes hofft Murphy, dass die Versorgung und Steuerung der Roboter bald ohne die Kabel auskommen kann. Mit ausreichenden Batterien und einer Funkverbindung wäre das schon zu lösen. Um dem Roboter allerdings damit auch eine erhöhte Selbstständigkeit zu ermöglichen, müssten die Maschinen noch „intelligenter“ werden. Dann könnten sie sich selbst orientieren, Hindernisse umgehen und den Leitern bei der Interpretation der Informationen helfen.
Stand: 10.03.2006