Wird ein Atomkraftwerk stillgelegt, gibt es für den weiteren Ablauf zwei Varianten. Beim sicheren Einschluss wird der komplette Reaktor zunächst mehrere Jahrzehnte lang eingeschlossen. Erst danach beginnt der Rückbau. Beim direkten Rückbau dagegen wird unmittelbar nach Genehmigung der Stilllegung mit dem Abriss und der Entsorgung der Anlage begonnen.
Einschluss: Für Jahrzehnte weggesperrt
Auf den ersten Blick scheint der sichere Einschluss durchaus Vorteile zu haben. So zerfällt während der Wartezeit schon ein Teil der kurzlebigen Radionuklide wie beispielsweise Cobalt-60. Dadurch wird die Kontamination zumindest teilweise schwächer. Hinzu kommt, dass es bisher kein Endlager für hochradioaktiven Atommüll gibt – weder in Deutschland noch woanders auf der Welt. Der stark strahlende Abfall aus den stillgelegten Atomkraftwerken muss daher in Zwischenlagern aufbewahrt werden. Doch weder die Castorbehälter noch die oberirdischen Lagerhallen bieten auf Dauer eine ausreichende Sicherheit.
Unter anderem deshalb fordern auch einige Atomkraftgegner den sicheren Einschluss, beispielsweise beim Kraftwerk Grafenrheinfeld in Bayern. Sie argumentieren unter anderem damit, dass die Castoren mit dem Kernbrennstoff im Reaktorgebäude sicherer gelagert werden können als in den Hallen der Zwischenlager.
Aufschub mit Nachteilen
Doch der sichere Einschluss hat gravierende Nachteile. Einer der schwerwiegendsten ist der Verlust des Knowhows durch das Fachpersonal der im Atomkraftwerk Beschäftigten. „In 50 Jahren wäre keine Person mehr vorhanden, die die Anlage und ihre Betriebsgeschichte noch aus eigener Anschauung kennt“, erklärt dazu das Öko-Institut. „Auf vorhandene Pläne allein ist aus Erfahrung aber kein Verlass, da die im Detail oft nicht mit der tatsächlich errichteten Anlage übereinstimmen.“
Hinzu kommt, dass die Finanzierung des Rückbaus nach einer so langen Wartezeit möglicherweise nicht mehr gesichert ist. Denn die dafür nötigen Rückstellungen legen die Kraftwerksbetreiber an – je nach Anlagengröße zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro. Geht der Stromkonzern jedoch in der Zwischenzeit insolvent oder die Rücklage wurde für etwas anderes verwendet, fehlt nach Ende der Einschlusszeit möglicherweise das Geld.
Auch soziale Belange spielen eine Rolle: Wird ein Atomkraftwerk erst einmal eingeschlossen, muss man die bisherigen Mitarbeiter größtenteils entlassen. Bei einem direkten Rückbau werden sie dagegen für die anfallenden Arbeiten gebraucht und behalten ihre Arbeitsplätze noch mindestens zehn bis 20 Jahre.
Rückbau ohne Verzögerung
Unter anderem deshalb sieht das Atomgesetz in Deutschland nach der Stilllegung der Atomkraftwerke den direkten Rückbau vor. „Das Atomgesetz fordert für Leistungsreaktoren, deren Berechtigung zum Leistungsbetrieb erloschen ist, diese unverzüglich stillzulegen und abzubauen“, heißt es dazu beim Bundesamt für Strahlenschutz. Wobei „unverzüglich“ in diesem Kontext zwischen drei und sieben Jahren bedeuten kann. Denn mit den konkreten Rückbauarbeiten kann erst begonnen werden, wenn die Stilllegung offiziell genehmigt ist.
Wie aber läuft der Rückbau konkret ab?