Der Europäische Nerz (Mustela lutreola) ist der nächste Verwandte des Europäischen Iltis und des Sibirischen Feuerwiesels – und er hat hohe Ansprüche. Der Einzelgänger aus der Familie der Marder braucht bewaldete und schilfbewachsene Ufersäume von See, Bach, Fluss oder Sumpf, und das Wasser muss sauber sein.
Ufer bevorzugt
„Der Nerz ist Lebensraumspezialist für diese Uferbereiche“, berichtet Christian Seebass vom Verein EuroNerz in Hilter bei Osnabrück. Zum Schutz vor Fressfeinden braucht er Deckung und Unterschlupf. Den nehme ihm aber der Mensch. Der Biologe zählt die Übel auf: „Kahlschlag, Bebauung, Begradigung, Anlage von Uferböschungen, Weidevieh direkt am Ufer.“
Am Ufer bewohnt das wendige Leichtgewicht – die Männchen wiegen 800 Gramm, die Weibchen nur ein halbes Kilo – bis zu drei Meter lange unterirdische Baue. Zur Not tun es auch Reisighaufen oder Höhlen unter Baumwurzeln. Weiter als hundert Meter entfernt er sich selten von seinem Gewässer, dafür macht er sich am Ufer breit. In Südwesteuropa, fanden Forscher heraus, frequentierten männliche Nerze Uferlinien von bis zu 17 Kilometern.
Fische, Frösche und Krebse auf dem Speiseplan
Nerze sind dank ihrer Schwimmhäute zwischen den Zehen gute Schwimmer und Taucher. Fische, Frösche und Krebse sind ihre Alltagskost, aber auch Vögel, Insekten, Kriechtiere und Kleinsäuger, vor allem Waldmäuse, verschmähen sie nicht. Am Steinhuder Meer, sagt Thomas Brandt, fresse der Nerz vor allem Rotaugen, eine Karpfenart. „Er tötet auch auf Vorrat.“ Angeblich auch kiloweise Frösche, die während der Winterstarre unter der Eisdecke ein leichter Fang sind. Dazu hält sich der Nerz Eislöcher offen. „Die Beute deponiert er dann. Wie auf dem vietnamesischen Wochenmarkt.“
Im Mai wirft das Weibchen meist vier oder fünf zehn Gramm leichte Junge, die erst mit fünf Wochen sehen. Mit drei Monaten sind Nerze von der Mutter entwöhnt. Die Lebenserwartung beträgt vier bis fünf Jahre, in Menschenobhut bis zu zehn.
Vom US-Nerz ist der Euro-Nerz, der nie auf Farmen gezüchtet wurde, nur schwer zu unterscheiden: Sein Fell hat einen Rotstich, die weiße Partie unterm Kinn reicht ihm – anders als beim etwas größeren Amerikaner – bis hoch zur Nase. Sehen lässt er sich kaum: Das agile Fellbündel ist nicht nur scheu, sondern auch dämmerungs- und nachtaktiv.
Kai Althoetmar
Stand: 30.01.2015