Mehr als 100.000 Mal jährlich zwickt der Blinddarm – genauer gesagt der so genannte Wurmfortsatz – bei irgendeinem Menschen in Deutschland so sehr, das er operativ entfernt werden muss. Das ist nicht nur lästig, sondern kann, vor allem wenn die Entzündung zu spät erkannt wird, für den Betroffenen gefährlich sein. Kein Wunder, dass dieses bis zu zehn Zentimeter lange Anhängsel häufig als völlig überflüssiges Relikt aus der Urzeit des Menschen gilt.
Appendix im Visier der Forscher
Über Jahre hinweg haben selbst Ärzte und Biologen gerätselt, welche Funktion der Appendix tatsächlich besitzt. Klar war nur, dass der Wurmfortsatz keine aktive Rolle bei der Verdauung spielt. Wissenschaftler vermuteten stattdessen eine mögliche Aufgabe im Immunsystem des Menschen.
Der Beweis für diese Theorie jedoch ließ auf sich warten. Zwar fand man bei Untersuchungen des Appendix-Gewebes diverse Lymphknötchen, die aus zahlreichen so genannten B-Lymphozyten bestehen. Diese sind beispielsweise am Aufspüren von Bakterien und Viren beteiligt. Doch was genau der Wurmfortsatz damit bewirkt, blieb lange Zeit im Dunkeln. Alle Spekulationen beendet haben erst im Oktober 2007 Wissenschaftler des Medical Center der Duke University um William Parker, R. Randal Bollinger, Andrew Barbas und Shu Lin.
Biofilm mit Pfiff
In zehnjähriger Arbeit konnten Parker und seine Kollegen zunächst belegen, dass der menschliche Darm von einer dünnen und zarten Schicht ausgekleidet ist, der aus einem Zusammenschluss von Mikroben, Schleim und verschiedenen Bestandteilen des Immunsystems besteht. Dieser „Biofilm“ ist beispielsweise entscheidend an der Verarbeitung der Nahrung und an der Abwehr von gefährlichen Mikroben beteiligt.