Bisher entdeckten wir am Tyndall-Gletscher 30 weitgehend vollständig erhaltene Ichthyosaurier-Skelette, dazu Fragmente wie isolierte Flossen und einzelne Knochen. Die größten Exemplare sind über vier Meter lang, aber einzelne Wirbel deuten auf die Existenz von mehr als fünf Meter langen Tieren hin. Seltener finden sich die Reste von Ichthyosaurier-Babys, die weniger als einen Meter maßen.
Räuber und Beute auf engstem Raum
Diese Zahl von fossilen Skeletten in einem Fundareal von wenigen Quadratkilometern ist einzigartig für Chile und für Südamerika und deutet auf eine Fossilienfundstelle von internationaler Bedeutung hin. Räuber und Beute sind auf engstem Raum konzentriert: ein versteinertes Ökosystem, das schrittweise wieder ans Licht kommt.
Gerade angesichts dieser Bedeutung stellen sich Fragen über Fragen: Wie starben die Tyndall-Ichthyosaurier? Wie kam es zu einer solchen Konzentration von Skeletten in diesem Landstrich? Die Skelette liegen oft gemeinsam auf einer Schichtfläche. Weil jede Sandsteinschicht das Resultat einer Schlammlawine war, müssen die Tiere fast gleichzeitig ums Leben gekommen sein.
Bei den Profilaufnahmen entdecken wir mehrere Schichten unterschiedlichen Alters mit solchen einstigen Leichenfeldern. Wie ist dieses Massensterben zu erklären? Und gewährt der Fundort vielleicht neue Einblicke in das Leben der Ichthyosaurier?
Untermeerische Ströme aus Schlamm, Sand und Schutt
Zunächst sind die geologischen Verhältnisse im Fundgebiet bedeutungsvoll: Die kreidezeitlichen Schichten des Tyndall-Gebiets bildeten sich am Fuße eines Kontinentalabhangs in einer Wassertiefe von vielleicht 1.000 Metern. Sie entstanden aus untermeerischen Strömen aus Schlamm, Sand und Schutt. Ausgelöst von Erdbeben, vielleicht auch durch ihr Eigengewicht, lösten sich mächtige Sedimentpakete vom Schelfrand und rutschten in die Tiefe.
Auf dem Weg nach unten „sortierten“ sich die Lawinenbestandteile nach ihrer Schwere und Größe. Am Fuß des Ozeans blieb das grobe Geröll zuerst liegen, dann folgten nach und nach Sand und Schlamm. Derartig geschichtete Gesteine nennen Geologen „Turbidite“.
Wolfgang Stinnesbeck, Eberhard Frey und Marcelo Leppe Cartes / DFG Forschung
Stand: 27.11.2009