Regen in Indien, gewaltige Überschwemmungen in Bangladesh, Taifune mit vielen Toten in Vietnam – Der Monsun erlangt in Europa nur Aufmerksamkeit durch Katastrophenmeldungen oder als Hinderungsgrund in Asien nicht den Sommerurlaub zu verbringen. Doch der Monsun hat mit Europa und der Welt viel mehr zu tun, als viele wissen.
Denn regionale Klimaereignisse wie El Nino vor Südamerika, die Hurrikans in Florida und auch der Monsun in Indien haben nicht nur Folgen für ihre unmittelbare Nachbarschaft. Nach Jahren der Ursachenforschung von El Nino etwa, wurden die Auswirkungen auf Meeresströmungen, Windsysteme und Temperaturveränderung im gesamten Pazifikraum deutlich. Daher werden nun El Nino und das "umgekehrte" Ereignis La Nina als regelmäßige Abweichungen der atmosphärischen und ozeanischen Zirkulation im Südpazifik bezeichnet, dem „El Niño und die Southern Oscillation“ (ENSO).
Das ENSO-Phänomen beeinflusst das Klima im Südpazifischen Raum, so wie der Monsun bestimmend ist für das Wetter rund um den Indischen Ozean. Zwei unterschiedliche Systeme, die jedoch wohl nicht unabhängig voneinander existieren. Einen Zusammenhang vermutete bereits um 1900 der britische Physiker Sir Gilbert Walker, als er den großräumigen Windkreislauf zwischen den Kontinenten („Walker-Zirkulation“) beschrieb.
Das Zusammenspiel zweier Global-Player
Heute geht der indische Klimatologe Selvaraju davon aus, dass ENSO für knapp 25 Prozent der jährlichen Schwankungen bei den Monsunniederschlägen verantwortlich ist: Während El Nino, es regnet in Südamerika statt im Westpazifik, ist der Monsun schwächer ausgeprägt – absinkende Luftmassen über Südostasien „klauen“ dem Monsun die Feuchtigkeit und tragen sie in den Pazifik. Bei La Nina regnet es wie gewöhnlich zwar im Westen, jedoch viel mehr als im Durchschnitt: Der Monsun fällt stärker aus, weil er noch zusätzliche Feuchtigkeit zugeführt bekommt.
Doch nicht alle ENSO-Ereignisse wirken sich auf den Monsun aus. So verursachte der El Nino von 1997 zwar im Pazifik katastrophale Folgen, aber die erwartete Abschwächung des Monsuns blieb aus – statt Trockenheit fielen in Indien durchschnittliche Niederschläge. Wissenschaftler vermuten, dass El Nino sich zu spät entwickelte, als das er noch den Monsun hätte beeinflussen können. Die genauen Mechanismen, die ENSO und Monsun aneinander koppeln sind noch unklar. Neben dem Austausch von Luftmassen über Südostasien könnten auch zwei Hochdruckzellen westlich von Australien und östlich der Philippinen eine gemeinsame Rolle spielen.
Der Einfluss von ENSO auf den Monsun ist jedoch heute nicht unumstritten. Auch wenn Peter Webster von der Universität Colorado durch Messungen der Meerestemperatur eine enge Verbindung von ENSO und Monsun zwischen 1960 und 1988 bestätigt, hat sich seiner Meinung nach die Beziehung der Systeme zueinander abgeschwächt: „Seit Anfang der 1990’er hat es keinen aussagekräftigen Zusammenhang mehr gegeben“ schränkt der ein. Doch seine Untersuchungen haben gezeigt, dass der Indische Ozean eine interne Dynamik ähnlich dem ENSO-Phänomen im Pazifik besitzt: Das Klima ist eng mit Wassertemperaturen und Meeresströmungen verknüpft. Und wie die Klimatologen diskutieren auch die Meereswissenschaftler über den Einfluss von ENSO auf den Wasserkreislauf im Indischen Ozean…
Stand: 21.07.2006