Das Ampere als Maß der Stromstärke begegnet uns im Alltag häufig – meist als Angabe auf Elektrogeräten aller Art. Die Maßeinheit geht auf Experimente zurück, die der französische Physiker André-Marie Ampère bereits im Jahr 1822 durchführte. Dabei untersuchte er die Kraft, die zwischen zwei parallellaufenden Stromleitern auftritt. Dabei stellte er fest, dass die Richtung des Stromflusses eine wichtige Rolle spielt und erklärte erstmals die Begriffe elektrische Spannung und elektrischer Strom.
Die alte Definition
Als dann später eine Definition für die Basiseinheit Ampere gesucht wurde, griff man auf eine Variante dieses Experiments von Ampère zurück. Demnach entspricht ein Ampere der Stromstärke, die beim Fließen durch zwei parallele, einen Meter voneinander entfernte und unendlich lange Leiter genau 20 Millionstel Newton (2 x 10-7 N) Kraft ausüben würde. Das ist nicht gerade viel: Diese Kraft entspricht gerade einmal einem Zehnmillionstel der Gewichtskraft eines mittelgroßen Apfels.
Der Haken an dieser Definition: Dieser Versuchsaufbau ist in der Realität nicht präzise nachbaubar, denn unendlich lange Stromleiter mit noch dazu „vernachlässigbar kleinem“ Querschnitt gibt es nicht. In der Praxis führen Metrologen daher nur Näherungen des geforderten Experiments durch. Ein weiterer Schwachpunkt: Weil in der SI-Definition des Ampere Strecken und die Kraft als Größen auftauchen, ist das Ampere von den Einheiten für Länge, Masse und Zeit abhängig.
Ladung des Elektrons als Bezugsgröße
Um das zu ändern, wird das Ampere künftig über die Elementarladung e definiert – der kleinsten möglichen Ladung beispielsweise eines Elektrons. Diese Ladung ist bestimmt als e = 1,6021766208 x 10−19 Coulomb. Über die Formel Coulomb = Ampere mal Sekunde ist diese Ladung eng mit der Stromstärke verknüpft. Das Ampere ist damit mit der Naturkonstante der Elementarladung und über die Einheit Sekunde mit dem Elektronenübergang im Atom verknüpft.
Doch was bedeutet dies für die Messung des Ampere? Nach dem aktuellen Beschluss der Generalkonferenz für Maß und Gewicht sind künftig drei Messmethoden zulässig, um das Ampere zu bestimmen und Messgeräte zu eichen. Zwei davon nutzen eng verknüpfte elektrische Messgrößen wie den Widerstand und die Spannung, die inzwischen mittels quantenphysikalischer Effekte extrem präzise bestimmt werden können.
Zahnrad für Elektronen
Die dritte Methode ist die Einzelelektronen-Pumpe. Mit dieser kann man zählen, wie viele Elektronen pro Zeiteinheit durch einen Leiter fließen. Die Zählung wird möglich, weil jedes Elektron eine Potenzialbarriere überwinden muss. Es kann erst dann weiterfließen, wenn sein Vorgänger registriert und abgeleitet worden ist.
Wie eine Art Zahnrad vereinzelt diese Pumpe die Elektronen und versetzt sie gleichzeitig in einen bestimmten Energiezustand, den man messen kann. Um die nötige Messgenauigkeit zu erreichen, und versehentliche Doppelbelegungen oder Leerstellen in den „Zahnrädern“ auszuschließen, werden mehrere Einzelelektronen-Pumpen hintereinandergeschaltet. Nachdem dieses Verfahren im letzten Jahr die vom Komitee geforderte Genauigkeit erreicht hat, bildet sie nun eine Säule des neuen Ampere.
Neukalibrierung nötig
Während die Umstellung auf Naturkonstanten bei den meisten SI-Einheiten keine praktischen Auswirkungen hat, ist dies beim Ampere und den von ihm abgeleiteten elektrischen Messgrößen etwas anders. So wird das Volt dadurch um 0,1 Millionstel vom alten Richtwert abweichen, beim Ohm als Maß für den Widerstand ist es etwas weniger.
Für unseren Alltag sind diese Änderungen nicht relevant, wohl aber für Forscher, die hochgenaue Messungen dieser elektrischen Größen durchführen – beispielsweise im Bereich der Mikro- und Nanoelektronik oder der Medizin- und Umweltmesstechnik. Ihre Messgeräte müssen bis zum 20.Mai 2019 neu kalibriert werden.
Nadja Podbregar
Stand: 23.11.2018