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Psychologie

Empathielose Egomanen mit Geltungsdrang

Woran erkennt man Narzissten?

Wer Narzissten erkennen möchte, sollte auf einige Kriterien achten. Zum Beispiel vergleichen sich diese ständig mit anderen und präsentieren sich dabei gerne als großartig und überlegen, um Lob und Bewunderung einzuheimsen. Sie prahlen etwa mit ihrer beruflichen Leistung, ihren Talenten, ihrem sozialen Status oder ihren exklusiven Hobbys. „Oft überschätzen sie dabei ihre eigenen Fähigkeiten oder stellen sie besser dar, als sie es in Wirklichkeit sind“, schreibt der Verband Pro Psychotherapie e.V..

Symbolbild Lügen: Pinocchio-Figur mit langer Nase
Narzissten neigen dazu, zu lügen, um vor sich selbst und anderen besser dazustehen. © Purestock / iStock

Mit Lügen und Ausbeutung zur Macht

Weil sie sich selbst für so grandios und wichtig halten, verhalten sich Betroffene auch häufig arrogant, erwarten eine ungerechtfertigt bessere Behandlung und umgeben sich bevorzugt mit vermeintlich ebenfalls „besonderen“ Menschen. Narzissten können zudem dazu tendieren, zu lügen, um selbst besser dazustehen sowie Macht und Einfluss zu erlangen. Aus diesem Grund beuten sie auch andere aus oder zerstören aus Neid deren Leistungen.

Kriegen Narzissten ihren Willen nicht oder werden nicht ausreichend bewundert, können sie aus Verletzung auch dramatisch und launisch bis cholerisch und aggressiv reagieren. Andere Narzissten ziehen sich hingegen bei Verletzungen eher zurück und leiden im Stillen.

Bin ich ein Narzisst?

Wer sich bei diesen Beschreibungen nun fragt, ob vielleicht eine Person in seinem Umfeld oder sogar er selbst ein Narzisst ist, dem stehen verschiedene Persönlichkeitstests zur Verfügung. Einer der gängigsten ist der Narcissistic Personality Inventory (NPI) mit 40 Fragen und dessen Kurzform NPI-10. Diese Tests beruhen auf wissenschaftlichen Kriterien.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO führt in ihrer Klassifikation (ICD-10) zwar keine genauen Kriterien für Narzissmus auf. Laut einem etablierten Leitfaden für psychische Störungen aus den USA (DSM) müssen allerdings mindestens fünf von neun Kriterien erfüllt sein, um von einer krankhaft narzisstischen Persönlichkeit zu sprechen:

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1. Die Betroffenen halten sich für grandios, übertrieben wichtig und überlegen.
2. Sie sind stark von Erfolgsfantasien eingenommen.
3. Sie glauben von sich, besonders und einzigartig zu sein.
4. Sie brauchen exzessive Bewunderung.
5. Sie haben übertriebene Ansprüche und Erwartungen.
6. Sie nutzen andere aus, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.
7. Sie zeigen mangelndes Einfühlungsvermögen.
8. Sie sind neidisch auf andere oder glauben, andere seien neidisch auf sie.
9. Sie verhalten sich hochmütig und arrogant.

Drei Typen von Narzissmus

Nicht auf dieser Kriterienliste steht die Verletzlichkeit, die jedoch ebenfalls entscheidend für die Diagnose Narzissmus ist. Dass diese nicht immer als wesentlicher Faktor wahrgenommen wird, liegt daran, dass sich Narzissten mitunter sehr unterschiedlich präsentieren – von angespannt, sensibel und schnell beleidigt, über extrovertiert, selbstbewusst und kühl bis hin zu aggressiv, feindselig und bösartig.

Gesichter von acht verschiedenen Menschen
Narzissten sind nicht leicht zu erkennen. Sie zeigen mitunter ganz verschiedene Gesichter, je nachdem, welche Eigenschaften bei ihnen im Vordergrund stehen. © bowie15 / iStock

Je nachdem, ob die Verletzlichkeit, der Hang zur Grandiosität oder die Paranoia das jeweilige Verhalten der Narzissten am meisten prägen, unterscheiden Experten daher auch zwischen drei Narzissmus-Typen: dem vulnerabel-fragilen – oder verdeckten – Narzissmus, dem exhibitionistischen und dem grandios-malignen Narzissmus. Nachgesagt wird Narzissmus beispielsweise dem kritikempfindlichen Fußballer Cristiano Ronaldo, der majestätischen Modeikone Coco Chanel und dem manipulativen Apple-Chef Steve Jobs, die diese drei Formen zumindest den Berichten über ihr Verhalten nach verkörpern.

Die scharfe Trennung in Narzissmus-Formen ist jedoch unter Forschenden umstritten, weil der Übergang mitunter fließend sein kann. „Personen mit narzisstischen Zügen können ebenso gut zwischen Grandiosität und Verletzlichkeit schwanken“, berichten zudem Leonie Kampe von der Psychologischen Hochschule Berlin und ihre Kollegen. (doi: 10.3389/fpsyt.2021.661948).

Stolz, ein Narzisst zu sein

Weil die Kriterien nicht immer vollständig erfüllt sein müssen, sind Narzissten selbst für Experten nicht immer eindeutig zu erkennen. Umso erstaunlicher scheint es, dass einer Studie zufolge schon eine einfach Frage hilfreiche erste Hinweise zur Diagnose gibt: Halten Sie sich selbst für narzisstisch? „Menschen, die bereit sind zuzugeben, dass sie narzisstischer sind als andere, sind wohl tatsächlich besonders narzisstisch“, sagt Brad Bushman von der Ohio State University.

„Sie sind geradezu stolz darauf, denn sie sehen Narzissmus nicht als negative Eigenschaft – sie glauben, sie sind besser als andere Menschen und finden es auch in Ordnung, das klarzustellen. Deshalb kann man sie direkt danach fragen“, so Bushman. Umfassende psychologische Analysen kann die Frage aber dennoch nicht ersetzen.

Wer sich hingegen sorgt, er könnte ein Narzisst sein und mit seinem egozentrischen Benehmen seine Mitmenschen verärgern, ist dies wahrscheinlich eher nicht. Denn wen dieser Gedanke belastet, ist deutlich empathischer als Narzissten es für gewöhnlich sind.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Narzissmus: Zwischen Angst und Aggression
Launischer Charakter oder Persönlichkeitsstörung?

Was ist Narzissmus?
Das Paradoxon der vermeintlichen Überlegenheit

Empathielose Egomanen mit Geltungsdrang
Woran erkennt man Narzissten?

Wo sich narzisstische Menschen tummeln
Narzissten in Gesellschaft, Beruf und Privatleben

Wie geht man mit Narzissten um?
Warum Narzissmus weder vermeidbar, noch heilbar ist

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