Aber es tut sich endlich etwas beim Kampf gegen das Hochwasser. Zwar haben Wasserbaumaßnahmen in Bangladesch eine lange Tradition, aber so lange allein die Regierungsorganisationen von Bangladesch damit betraut waren, brachten diese für den Schutz der Bevölkerung nur wenig oder nichts. Fast 10.000 Kilometer an Dämmen und Entwässerungskanälen und zahllose Schleusen entstanden bis Mitte der 80er Jahre, aber diese meist lokalen und häufig unkoordinierten Projekte schafften häufig zusätzliche Probleme. So führten Eindeichungsmaßnahmen in einigen Regionen dazu, dass die häufig von Kleinbauern bewohnten Flussinseln überschwemmt wurden und die Menschen fluchtartig diese Gebiete verlassen mussten.
Flood Action Plan
Erst nach den beiden gewaltigen Flutkatastrophen in den Jahren 1987 und 1988 entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen Weltbank, verschiedenen Industrieländern und der Regierung von Bangladesch ein sogenannter Flood Action Plan oder kurz FAP. Er besteht aus 26 Einzelprojekten, die bis zum Jahr 2015 abgeschlossen sein sollen und ist mit einem Kapital von 20 Milliarden US-Dollar ausgestattet. Die Planer erhoffen sich davon nicht nur eine Minderung der Überschwemmungsgefahren, sondern sie wollen auch die Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe kräftig ankurbeln.
Neben zahlreichen grundlegenden Studien, in denen es um die Erstellung von nationalen und regionalen Wasserentwicklungsplänen oder Untersuchungen über das Verhalten der einheimischen Bevölkerung in flutgefährdeten Gebieten geht, sind auch ganz konkrete Maßnahmen zum Hochwasserschutz geplant oder bereits durchgeführt worden. So wird im Jamalpur Priority Project ein riesiges 90.000 Hektar großes Gebiet durch einen Deich vor den Fluten geschützt und auch der Ausbau des Frühwarnsystems bei drohenden Hochwasserereignissen läuft mittlerweile auf vollen Touren.
FAP in der Kritik
Was sich auf den ersten Blick ganz vernünftig anhört, rief aber bald schon die Kritiker auf den Plan. Non-Government Organisations – NGO’s – in Bangladesch und Natur- und Umweltschutzverbände auf der ganzen Welt sahen in dem Megaprojekt vor allem die Interessen der Großgrundbesitzer und Machthaber des Landes gefördert. Nach ihrer Ansicht blieben die Bedürfnisse der Kleinbauern in dem frühen Konzept fast völlig außen vor. Insbesondere die fast zwei Millionen Char-Bewohner spielten zunächst im FAP keinerlei Rolle.
Durch die vorgesehenen Deichbauprojekte könnten, so die Kritiker dieses Plans, vorhandene naturnahe Entwässerungssysteme verloren gehen und die Bevölkerung wäre bei möglichen Deichbrüchen der Gewalt der Fluten noch schonungsloser ausgesetzt als früher. Sie forderten deshalb eine Neuanpflanzungen oder die Pflege von Mangrovenwäldern entlang der Küste, um die Menschen vor den zahlreichen Sturmfluten zu schützen. Umfangreiche Wiederaufforstungen im himalayanahen Oberlauf der Flüsse Meghna, Ganges, Brahmaputra sollten ihrer Meinung nach helfen , die Gefahr von Flusshochwassern mit naturnahen Mitteln zu reduzieren.
Erstaunlicherweise konnte diese Kampagne genug Druck auf die federführenden Organisatoren des FAP ausüben, so dass wesentliche Forderungen der NGO’s noch nach nachträglich mit in den Flood Action Plan,der seit Neuestem auch als Bangladesh Water and Flood Management Strategy bezeichnet wird, aufgenommen wurden. Ob alle diese jetzt festgelegten Maßnahmen letztlich Erfolg haben werden, bleibt abzuwarten. Zu schwierig und vielschichtig ist die Situation in diesem kleinen Land südlich des Himalaya.
Fatalismus der Menschen
Ein wichtiges Problem ist auch mit allen Baumaßnahmen ohnehin nur schwer zu lösen. Die zahllosen Überschwemmungskatastrophen in den letzten Jahrzehnten haben die Menschen in Bangladesch mürbe gemacht. Fatalistisch und apathisch wirken sie heute beinahe schon während der immer wiederkehrenden Hochwasser und machen mit ihrer Hilflosigkeit und Teilnahmslosigkeit den Rettungskräften in Krisensituationen das Leben schwer. Und auch für individuelle Hochwasserschutzmaßnahmen sind sie deshalb nur schwer zu begeistern.
Stand: 20.11.2000