Die Beziehung zwischen Parasit und Wirt ist durch die Evolution auf das feinste abgestimmt. Was aber passiert, wenn der Parasit oder seine Larven nicht an den richtigen Wirt geraten? Das Gleichgewicht zwischen Abwehr und Angriff ist in diesem Fall unausgewogen.
Im Falle der sogenannten Zerkariendermatitis unterliegt der Parasit: Hierbei handelt es sich um den Befall mit harmlosen Saugwurm-Zerkarien. Sie sind verwandt mit den tropischen Pärchenegeln und kommen weltweit vor. Allerdings sind sie spezialisiert auf Wasservögel als Endwirt. Geraten diese Larven an den Menschen, macht das Immunsystem kurzen Prozess. Die Zerkarien sterben schnell ab, lediglich eine juckende Entzündung ist die Folge. Diese kann zwar mit zu 20 Tagen deutlich länger anhalten als ein bloßer Mückenstich, ist aber im Vergleich mit der Schistosomiasis durch Pärchenegel-Larven absolut harmlos.
Millionen Jahre alte Beziehungen
Anders verhält es sich bei den Bandwürmern. Auch bei ihnen hat sich im Lauf der Evolution eine hochgradige Anpassung an unterschiedliche Wirte entwickelt. Fossilien aus Haifisch-Kot belegen, dass es Bandwürmer bereits vor 270 Millionen Jahren gab. Alle Bandwürmer leben ausnahmslos endoparasitisch.
Bandwürmer leben im Darm des Wirts, wo sie sich mit hakenförmigen Organen an ihrem Kopf in der Darmwand festsetzen. Sie sind dermaßen an die parasitische Lebensweise angepasst, dass sie keine eigenen Verdauungsorgane mehr besitzen. Stattdessen nehmen sie alle Nährstoffe aus dem Nahrungsbrei, in dem sie schwimmen, direkt über ihre Haut auf.
200.000 Bandwurmeier pro Tag
Die Würmer sind Zwitter und pflanzen sich geschlechtlich durch Selbstbefruchtung fort. Befruchtete Eier entwickeln sich in den letzten Segmenten des Wurmkörpers. Diese sogenannten Proglottiden lösen sich ab und werden mit dem Kot des Wirts ausgeschieden. Beim Rinder- oder Schweinebandwurm, denen der Mensch als Endwirt dient, sind das etwa fünf bis zehn Proglottiden und damit bis zu 200.000 Eier am Tag. Die Zwischenwirte Rind oder Schwein nehmen die aus den Eiern geschlüpften Larven mit der Nahrung auf. Die Larven nisten sich im Muskelgewebe ein und bilden sogenannte Finnen: Sie kapseln sich ab und werden für das Immunsystem des Zwischenwirts unerreichbar.
Wenn diese Finnen dann mit dem Fleisch vom Menschen verzehrt werden, gelangen sie in dessen Darm. Dort erreichen sie ihr Endstadium und legen ihrerseits Eier ab. Trotz der beeindruckenden Länge von bis zu zehn Metern, die Rinderbandwürmer erreichen können, sind sie für den Menschen im Normalfall ungefährlich. Erst bei extremem Befall verliert der Betroffene an Gewicht, da ihm von den Würmern zu viele Nährstoffe gestohlen werden.
Larven in der Sackgasse führen zu Leberversagen
Geraten Bandwurmlarven jedoch in den falschen Wirt, finden sie sich unter Umständen in einer Sackgasse. Der Lebenszyklus des Fuchsbandwurms verläuft ähnlich wie beim Schweinebandwurm, jedoch mit Fuchs als End- und Nagetieren als Zwischenwirt. Nimmt ein Mensch die Fuchsbandwurmlarven auf, beispielsweise über befallene Beeren, können sich die Larven nicht normal entwickeln. Stattdessen verhalten sie sich wie in einem Zwischenwirt und nisten sich in Leber, Lunge und Gehirn ein. In diesen Organen bilden sie ebenfalls Finnen aus, die netzwerkartig immer weiter in die Organe einwachsen und sie so schädigen. Am schwerwiegendsten wirkt sich der Befall der Leber aus.
Bei Hundebandwurmlarven ist der Verlauf ähnlich, jedoch bilden sich größere, blasenartige Finnen. Diese können operativ entfernt werden. Beim Fuchsbandwurm sind die Finnen dagegen verstreut und winzig. Außerdem wird der Befall oft erst im weit fortgeschrittenen Stadium bemerkt, so dass eine Operation nicht möglich ist. Mit Wurmmitteln lässt sich lediglich die weitere Ausbreitung verhindern. Ansonsten führt schließlich Leberversagen zum Tod des Betroffenen.
Ansgar Kretschmer