16 genehmigte Windparks, grünes Licht für die Kabelverlegung: Steht Deutschland tatsächlich kurz vor dem Durchbruch bei der Nutzung der Windenergie auf hoher See? Leider nein. Denn viel „Zählbares“ an Megawatt in Sachen Offshore gibt es bei uns bisher nicht. Noch kein einziges der geplanten Projekte wurde bis heute tatsächlich realisiert, obwohl das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für das erste, Borkum West, bereits im November 2001 die Genehmigung erteilt hatte. Es existieren nur einige wenige Pilotanlagen wie vor Wilhelmshaven oder Rostock, die aber meist gerade mal wenige Meter von der Küste entfernt sind.
Zu hohe Kosten, zu wenig Förderung
Doch warum ist Deutschland noch ein Entwicklungsland in Bezug auf die Offshore-Windenergie? „In Deutschland hat sich die Nutzung der Windenergie auf See verzögert, was vor allem an den weiten Entfernungen der Projekte von den Küsten, Wassertiefen bis zu 40 Metern und gestiegenen Anlagenkosten liegt.“, konstatierte der Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium Michael Müller während des EU Policy Workshop on Offshore Wind Power Deployment am 22. Februar 2007 in Berlin.
So sind beispielsweise die Preise für Offshore-Windräder aufgrund hoher Rohstoffpreise und einem boomenden Weltmarkt für Onshore-Windenergieanlagen in den letzten Jahren beinahe „explodiert“, so Müller.
Experten schätzen, dass pro Megawatt installierter Leistung schon heute rund 2,5 Millionen Euro investiert werden müssen. Tendenz stark steigend. Bei Parkgrößen von 100 oder mehr Anlagen kommen dabei gewaltige Summen zusammen, die von Privatpersonen oder einzelnen Firmen kaum noch zu finanzieren sind.
So wie beim Projekt Butendiek 34 Kilometer westlich von Sylt soll nahe der deutsch-dänischen Grenze. 80 Windkraftanlagen mit je drei Megawatt Leistung könnten dort in Zukunft mindestens 200.000 Durchschnittshaushalte mit Strom versorgen. 600 Millionen Euro wird der Bau des Windparks voraussichtlich verschlingen. Eigentlich als reiner Bürgerwindpark gedacht, drohte die Realisierung bis vor kurzem an mangelnder Liquidität zu scheitern. Seit Mitte Dezember 2006 hat sich die Situation aber deutlich zum Positiven gewendet.
Damals fielen durch das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz nicht nur die Kosten für den Netzanschluss weg, sondern das irische Energieunternehmen Airtricity stieg auch als Partner von mehr als 8.000 privaten Investoren bei Butendiek ein. „Wir werden alle Hebel in Bewegung setzen, damit Butendiek bereits Ende 2009 ans Netz gehen kann“, sagte Airtricity-Vorstandsmitglied Louis Fitzgerald bei der Vorstellung der Partnerschaft in Kiel.
Stromvergütung und Investitionszuschüsse
Doch nicht nur die Kosten machen potenzielle Windparkbetreiber vorsichtig, auch auf der Habenseite ist aus ihrer Sicht längst nicht alles zum Besten gestellt. Beispiel: Einspeisevergütung.
Zwar sieht die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 21. Juli 2004 für alle bis Ende 2011 ans Netz gehenden Anlagen über zwölf Jahre eine Anfangsvergütung von 9,1 Cent pro Kilowattstunde (kWh) vor. Im internationalen Vergleich rangiert Deutschland damit eher am unteren Ende Rangliste. In Ländern wie den Niederlanden oder Großbritannien werden beispielsweise 15 Cent bezahlt. Hinzu kommen dort noch Investitionszuschüsse in zweistelliger Millionenhöhe für den Bau der Windparks selbst.
Eine Strategie für die Offshore-Windenergie
Die Bundesregierung hat die Konsequenzen aus dieser Misere gezogen und vor kurzem eine neue Offshore-Strategie vorgestellt. Neben Millionensummen für die Forschung und Entwicklung in der Offshore-Technologie, gehören dazu neue Gesetze, die bürokratische und finanzielle Hemmschuhe beseitigen und die Zeit von der Genehmigung eines Projektes bis zum Bau der Windparks drastisch verkürzen sollen.
So will die Bundesregierung doch noch auf den „fahrenden“ Zug aufspringen und die Offshore-Windenergie zu einer „tragenden Säule der Energieversorgung des 21. Jahrhunderts zu machen“, wie es Bundesumweltminister Sigmar Gabriel formuliert.
Stand: 20.04.2007