Geologie/physische Geographie

Erdgas—Euphorie im „Entenschnabel“

Das Feld A6/B4 im Nordseeboden

Transocean Nordic © Wintershall

19. September 2000, rund 300 Kilometer nordwestlich von Borkum in der Nordsee: Auf der neuen Erdgas-Förderplattform im so genannten „Entenschnabel“, dem äußersten Zipfel des deutschen Wirtschaftsraumes, herrscht Aufregung. Deutschlands erstes Offshore-Erdgas-Projekt in internationalen Gewässern rund 300 Kilometer vor der deutschen Küste nimmt seine Arbeit auf. Gerade mal 18 Monate ist es her, dass hier ein ganzes Heer an Architekten, Technikern und Bauarbeitern mit dem Bau des Megaprojektes begonnen hat.

Mittlerweile ist die Bohrplattform, die das ergiebige Erdgasfeld A6/B4 ausbeuten wird, im Meeresboden des Festlandssockels der Nordsee fest verankert. Auch die Gaspipeline nach Den Helder in den Niederlanden, von wo aus das Erdgas weiter verteilt wird, ist längst fertig.

16 Jahre lang soll die Erdgasplattform, die mit Bohrturm, Unterkünften und Helikopterlandeplatz satte 3.600 Tonnen wiegt, jährlich rund 1,2 Milliarden Kubikmeter Gas aus der Lagerstätte A6/B4 im Meeresboden fördern. Verantwortlich für das Projekt: Das Deutsche Nordsee-Konsortium an dem unter anderem die Winterschall AG und die BEB Erdgas und Erdöl GmbH beteiligt sind.

Riesiger Erdgasspeicher in 2.600 Metern Tiefe

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48 Meter tief ist das Wasser, in dem die Plattform steht, noch viel tiefer, 2.600 Meter unter der Nordsee, warten insgesamt 13,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas unter großem Druck auf die Ausbeutung im porösen Speichergestein. Die Rohstoffexperten haben mit drei Bohrungen von 3.800 Metern Länge den unterirdischen Speicher angezapft. Rund 1.000 Meter der Bohrstrecke führen dabei horizontal mitten durch die Lagerstätte hindurch, um die maximal mögliche Förderrate zu erreichen.

Etwa Dreiviertel des vorhandenen Gases, in der Regel Methan, werden im Laufe der Zeit allein durch den enormen in der Tiefe herrschenden Druck an die Erdoberfläche strömen. Sinkt dieser im Erdgasfeld nach einigen Jahren Förderung ab, müssen die beteiligten Erdgasfirmen künstlich nachhelfen. Mithilfe von weiteren Bohrungen werden dann neue Bereiche des gewaltigen Erdgasfeldes erschlossen.

Vielleicht jedoch müssen die Techniker und Ingenieure sogar neue Fließwege für das Gas schaffen. Mithilfe des so genannten (Multi-)Frac-Verfahrens pressen sie dazu eine Flüssigkeit, die mit Spezialsand versehen ist, tief in den Untergrund. Auf diese Weise sprengen sie bis zu 100 Meter lange Risse ins Gestein, damit das Gas leichter fließen kann.

„Business as usual“

Szenenwechsel, A6/B4 im Frühjahr 2005: Mittlerweile hat die Offshore-Plattform im Entenschnabel knapp fünf Jahre „Dienst“ hinter sich. Das 200 Millionen Euro teure Prestigeobjekt der deutschen Erdgasfirmen liefert täglich bis zu 3,3 Millionen Kubikmeter des begehrten Rohstoffs – von Aufregung ist hier nichts mehr zu spüren, alles geht seinen gewohnten Gang.

Das geförderte Gas wird in einer Aufbereitungsanlage zunächst getrocknet und vom mitgeförderten Lagerstättenwasser befreit. Hier eliminiert man aber auch unbrauchbare Beiprodukte wie Schwefel, Stickstoff oder Kohlenstoffdioxid, bevor die Verteilung des jetzt reinen Erdgases, in der Regel Methan, an die Verbraucher beginnt.

Niedersachsen als Hochburg der Erdgasförderung

Doch nicht nur in der Nordsee läuft die Suche nach Erdgas auf vollen Touren, auch an Land haben die Experten seit einem ersten zufälligen Fund im Jahr 1910 immer wieder Erfolg gehabt. Damals waren die Hamburger Stadtwerke auf der Suche nach Wasser in 240 Meter Tiefe urplötzlich auf ein explosives Erdgaslager gestoßen.

Förderplattform vor Produktionsbeginn © Wintershall

Heute ist noch immer Norddeutschland und vor allem Niedersachsen das Mekka der Erdgasförderung in Deutschland. Nahezu 90 Prozent der deutschen Produktion – immerhin knapp 20 Milliarden Kubikmeter jährlich – strömen hier kontrolliert durch Fördertürme an die Erdoberfläche und später in das heimische Pipeline-Netz.

Das in Hochdruckpipelines durch Deutschland rasende Methan ist von Natur aus geruchlos. Erst die Stadtwerke versehen es später mit dem typischen „Parfüm“, der Substanz Tetrahydrothiopen, die für den leicht erkennbaren typischen Gasgeruch sorgt.

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Stand: 24.06.2005

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